Frühling war gestern, seit Sonnabend ist erst mal Sommer in Berlin, so jedenfalls die Prognosen. Aber auch das stimmt nicht ganz, denn Anfang dieser Woche war es mit acht bis zwölf Grad und unangenehm kalten Nachtwinden fast noch winterlich kalt, und nun sind nach einem kurzen Sturm fürs Wochenende gleich 25 bis 29 Grad vorhergesagt. Das ist ein großer Sprung: Immerhin gilt ein Tag ab 25 Grad ganz offiziell als Sommertag, ab 30 Grad wird er als heißer Tag bezeichnet – und das Anfang April.

Ist das noch Wetter oder schon Klimawandel? „Das ist noch Wetter“, sagt der Meteorologe Jürgen Schmidt von der Firma Wetterkontor der Berliner Zeitung. „Grundsätzlich kommt das immer mal wieder vor.“ Die Hitze liegt daran, dass das aktuelle Tiefdruckgebiet nicht aus Westen kommt, sondern aus Süden und von dort extrem warme Luft mitbringt.

Doch es wird keine längere Hitzewelle, sondern ein Wellchen: Sonnabend maximal 25 Grad, Sonntag 29 und Montag 25, dann wieder weniger. „Die 29 Grad sind für April schon extrem, das ist Sonnencreme-Wetter und geht in Richtung Rekordwert“, sagt er.

Nicht unbedingt, was den Höchstwert betrifft, denn da ist der April einiges gewöhnt: Es ist der Monat mit den größten Temperaturunterschieden, anfangs meist winterlich kalt, am Ende oft warm. Der Grund: Die Sonnenscheindauer steigt rapide, der Boden heizt sich überall auf, die Seen, das Wasser in Flüssen. Das zeigte sich klassisch im Vorjahr in Berlin: Am 6. April wurde der Tiefstwert mit knapp minus zwei Grad gemessen, am 22. April dann fast 23 Grad.

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Der bisher gemessene April-Rekord in Berlin wurde in Dahlem aufgestellt, wo seit 1950 aufgezeichnet wird. Dort waren es 1968 genau 30,9 Grad. Dieser Wert wird wohl mit den nun prognostizierten maximal 29 Grad nicht überboten. Das wäre auch ungewöhnlich, denn hohe Werte werden meist am Monatsende gemessen: Der Rekord von 1968 stammt vom 22. April.

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03.04.2024

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Deshalb richtet sich der Blick der Fachleute nun auf die erste Aprildekade: In den ersten zehn Tagen lag der Spitzenwert bislang bei 26,4 Grad am 4. April 1953. „Dieser Rekord könnte am Sonntag tatsächlich gebrochen werden“, sagt Jürgen Schmidt, „wohlgemerkt könnte.“ Denn es kommt ein Wetterphänomen dazu, das wir schon vom bisherigen Rekordtag dieses Jahres kennen: vom 30. März, als in Dahlem 23,2 Grad gemessen wurden. Es war die Zeit, als wieder die aufgeheizten Winde aus dem Süden mehr als eine Million Tonnen Saharastaub nach Europa brachten. „Auch für Sonntag ist dieser Staub angekündigt“, sagt der Fachmann. Wenn viel Staub kommt, wird es wohl nicht ganz so extrem, dann ist es kein strahlend klarer Tag und der Blick zur Sonne wird getrübt.

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Ob die kurze Hitze am Ende wieder dazu beiträgt, dass der April ein Extremmonat wird, ist noch offen. Beim Klimawandel geht es um langfristige Effekte, etwa, dass zehn der vergangenen zwölf Monate wärmer waren als die jeweiligen Monate des Jahres davor, oder dass dieser Februar und März die wärmsten waren seit Beginn der Messungen 1881. Dazu kam noch: Der Wintermonat Februar war sogar erstmals zwei Grad wärmer als der 30-jährige Mittelwert für den nachfolgenden Frühlingsmonat März.

Bleibt die Frage, wie gut es in der Region Berlin-Brandenburg nach vier Dürresommern in fünf Jahren mit dem Regen aussieht. Jürgen Schmidt von Wetterkontor sagt, dass im Winter reichlich Niederschlag gefallen ist. Der Regen komme meist mit den Tiefdruckgebieten. „Und davon gab es allein in diesem Jahr 46. Das ist deutlich mehr als sonst.“ Die Gebiete werden nach Buchstaben benannt und nun ist das „S“ mit Sabine erreicht, damit ist das Alphabet fast zweimal durch.

Die Monate Dezember bis Februar brachten fast doppelt so viel Regen wie üblich. Das ist gut fürs Grundwasser, und auch der bundesweite Dürremonitor zeigt gerade fast keine roten Gebiete. „Die Natur startet also gut gewässert in die neue Vegetationsperiode“, sagt er.

QOSHE - Hochsommer im April: Kurze Hitzewelle in Berlin – noch Wetter oder Klimawandel? - Jens Blankennagel
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Hochsommer im April: Kurze Hitzewelle in Berlin – noch Wetter oder Klimawandel?

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05.04.2024

Frühling war gestern, seit Sonnabend ist erst mal Sommer in Berlin, so jedenfalls die Prognosen. Aber auch das stimmt nicht ganz, denn Anfang dieser Woche war es mit acht bis zwölf Grad und unangenehm kalten Nachtwinden fast noch winterlich kalt, und nun sind nach einem kurzen Sturm fürs Wochenende gleich 25 bis 29 Grad vorhergesagt. Das ist ein großer Sprung: Immerhin gilt ein Tag ab 25 Grad ganz offiziell als Sommertag, ab 30 Grad wird er als heißer Tag bezeichnet – und das Anfang April.

Ist das noch Wetter oder schon Klimawandel? „Das ist noch Wetter“, sagt der Meteorologe Jürgen Schmidt von der Firma Wetterkontor der Berliner Zeitung. „Grundsätzlich kommt das immer mal wieder vor.“ Die Hitze liegt daran, dass das aktuelle Tiefdruckgebiet nicht aus Westen kommt, sondern aus Süden und von dort extrem warme Luft mitbringt.

Doch es wird keine längere Hitzewelle, sondern ein Wellchen: Sonnabend maximal 25 Grad, Sonntag 29 und Montag 25, dann wieder weniger. „Die 29 Grad sind für April schon extrem, das ist........

© Berliner Zeitung


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