Der nur vierstündige Besuch von Tesla-Chef Elon Musk in Deutschland hat erhebliche Nachwirkungen: Er hatte am Mittwoch überraschend die Gigafactory in Grünheide östlich von Berlin besucht, um nach dem Brandanschlag auf die Stromversorgung der Fabrik vor den Mitarbeitern zu sprechen. Dort verkündete er auch, dass die Produktion in der bislang einzigen europäischen Fabrik des US-Elektroautobauers massiv ausgeweitet werden soll.

In einem Mitschnitt seiner nicht öffentlichen Rede, die dem Handelsblatt vorliegt, heißt es, dass sich der Tesla-Chef ganz klar zum Ausbau der Fabrik bekennt. „Ja, absolut“, sagte Musk auf die Frage, ob der Ausbau weiter geplant sei. Zudem brachte er eine Änderung der Produktionspalette ins Spiel. Bislang baut Tesla in Grünheide vor allem hochpreisige Modelle. Nun soll offensichtlich auch die Produktion eines preiswerteren Massenmodells, das als Model 2 bekannt ist, in Grünheide gebaut werden. Musk sagte nach Angaben des Handelsblattes, dass die Produktion „definitiv langfristig nach Berlin kommt“.

Offener Brief aus der Redaktion: Dear Elon Musk, bitte reden Sie mit Ihren Kritikern!

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Musk-Besuch: Tesla verbraucht nur halb so viel Wasser wie größter Spargelhof Brandenburgs

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Außerdem erwähnte er das Modell eines elektrisch betriebenen Lkw. Das Modell heißt Semi, wurde von Musk bereits 2017 vorgestellt und wird derzeit in kleiner Stückzahl in den USA hergestellt. In Grünheide soll Musk gesagt haben: „Ich denke, es ergibt Sinn, den Semi-Lastwagen auch in Europa in der Giga Berlin zu produzieren.“ Er sagte auch, dass das Ziel von Tesla sei, den Sattelschlepper „zum ungefähr gleichen Preis“ wie einen Diesel-Lastwagen herzustellen. Dafür müssten aber noch das Design und die Produktion optimiert werden.

Nach Angaben des Blattes plant Tesla eine Produktion in hoher Stückzahl für Ende 2024. Ob das Modell auch dann schon in Grünheide gebaut wird, ist unklar. Fachleute halten das für sehr fraglich, da US-Lkw andere Standards erfüllen müssen und andere Normen haben als in Europa.

Bislang sollen in Grünheide an einem regulären Arbeitstag etwa 1000 Fahrzeuge produziert werden. Doch die Produktion stand in diesem Jahr bereits zweimal still: Gerade fast eine Woche lang nach dem Brandanschlag auf die Stromversorgung des Werks, zu dem sich Linksextremisten bekannt haben. Dann Anfang des Jahres, als die Lieferketten stockten, weil Frachtschiffe im Roten Meer von Huthi-Extremisten aus dem Jemen angegriffen wurden, die sich damit mit der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gaza-Krieg solidarisierten. Damals standen bei Tesla in Grünheide vom 29. Januar bis 14. Februar die Bänder still.

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11.03.2024

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Die bisher genehmigte Ausbaustufe der Gigafactory ist für eine Produktion von 500.000 Autos pro Jahr geplant. Doch Elon Musk sagte nun in Grünheide, die Produktion solle auf eine Million Fahrzeuge erhöht werden.

Die örtlichen Bürgerinitiativen sind alarmiert. „Ich sehe das als Kampfansage an die Kritiker“, sagte Manuela Hoyer von der Bürgerinitiative Grünheide der Berliner Zeitung. Die Kritiker wissen inzwischen die Mehrheit in Grünheide hinter sich. Bei einer Bürgerbefragung stimmten zwei Drittel der Teilnehmer gegen die Erweiterung. „Wenn die Produktion mehr als verdoppelt werden soll, kann ich mir nicht vorstellen, dass da die bisher genehmigte Fläche ausreicht“, sagte sie. „Ich fürchte, dass da weitere riesige Flächen benötigt werden.“ Das werde für weiteren Protest sorgen. Auch die Lkw-Produktion sieht sie kritisch. „Das braucht hier kein Mensch.“

Derweil sind noch mehrere Dutzend Baumbesetzer in jenem Wald an der Tesla-Fabrik, der für die vom Konzern gewollte Erweiterung abgeholzt werden soll. Bislang haben die Besetzer eine Genehmigung, dass sie bis Freitag um Mitternacht vor Ort bleiben dürfen. Das ist mit der Polizei vereinbart. Einige Politiker der Potsdamer Landesregierung fordern eine schnelle Räumung, die Besetzer haben aber eine Verlängerung beantragt. Im Potsdamer Polizeipräsidium heißt es am Donnerstag: „Wir prüfen den Antrag noch.“ Manuela Hoyer von der örtlichen Bürgerinitiative sagte dazu: „Wenn es jetzt zu einer gewaltsamen Räumung durch die Polizei kommt, trägt das definitiv nicht zur Deeskalation bei.“

Bei seinem Kurzbesuch in Grünheide bekam Elon Musk auch Besuch von Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sowie Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (beide SPD). Die beiden Regierungschefs teilten hinterher mit: „Berlin und Brandenburg stehen gemeinsam zu Tesla. Die Ansiedlung ist ein riesengroßer Gewinn für die Hauptstadtregion und den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland.“ Woidke sagte zudem: „Tesla stärkt unsere Wirtschaftskraft, was für Sicherheit und Stabilität für die Bürgerinnen und Bürger sorgt. Nichts ist für eine Gemeinschaft wichtiger in solch turbulenten Zeiten wie diesen.“

Elon Musk bei Tesla-Besuch: Werden die Produktion bei Berlin mit neuen Modellen ausbauen

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Nach Tesla-Anschlag: Berliner demonstrieren in Grünheide gegen Elon Musks Autofabrik

10.03.2024

Er bedankte sich für den Besuch von Musk, das sei ein klares Bekenntnis zum Industriestandort Brandenburg. „Ich bin allen dankbar, die dazu beigetragen haben, dass der Betrieb nach dem terroristischen Anschlag jetzt wieder starten konnte – schneller als anfangs befürchtet.“ Er wurde aber auch kritisch gegenüber Tesla, deren Schweigen immer wieder kritisiert wird. „Es ist wichtig, dass Tesla transparent in der Öffentlichkeit berichtet. Dazu gehören die Fakten insbesondere zu Themen wie Wasser und Verkehr.“

Kai Wegner teilte mit: „Tesla ist nicht nur ein wichtiger Arbeitgeber für Berlin und Brandenburg, sondern auch ein Innovationstreiber für den gesamten Industriestandort Deutschland. Die Gigafactory Berlin macht unsere Region noch attraktiver.“

QOSHE - Tesla will auch Lkw in Grünheide bauen: Kritiker verärgert - Jens Blankennagel
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Tesla will auch Lkw in Grünheide bauen: Kritiker verärgert

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14.03.2024

Der nur vierstündige Besuch von Tesla-Chef Elon Musk in Deutschland hat erhebliche Nachwirkungen: Er hatte am Mittwoch überraschend die Gigafactory in Grünheide östlich von Berlin besucht, um nach dem Brandanschlag auf die Stromversorgung der Fabrik vor den Mitarbeitern zu sprechen. Dort verkündete er auch, dass die Produktion in der bislang einzigen europäischen Fabrik des US-Elektroautobauers massiv ausgeweitet werden soll.

In einem Mitschnitt seiner nicht öffentlichen Rede, die dem Handelsblatt vorliegt, heißt es, dass sich der Tesla-Chef ganz klar zum Ausbau der Fabrik bekennt. „Ja, absolut“, sagte Musk auf die Frage, ob der Ausbau weiter geplant sei. Zudem brachte er eine Änderung der Produktionspalette ins Spiel. Bislang baut Tesla in Grünheide vor allem hochpreisige Modelle. Nun soll offensichtlich auch die Produktion eines preiswerteren Massenmodells, das als Model 2 bekannt ist, in Grünheide gebaut werden. Musk sagte nach Angaben des Handelsblattes, dass die Produktion „definitiv langfristig nach Berlin kommt“.

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© Berliner Zeitung


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