Nun steht es fest. Am Mittwoch präsentierten Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Galeria-Chef Olivier Van den Bossche den neuen Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Demnach wurde mit einem Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz der Kauf vereinbart. Laut Denkhaus sollen voraussichtlich mehr als 70 der aktuell 92 Galeria-Filialen fortgeführt werden. Damit sei es möglich, eine große Mehrheit der Arbeitsplätze zu erhalten.

Die beiden Investoren sind bei dem letzten großen Warenhaus-Konzern keine Unbekannten. Die in New York ansässige Investmentgesellschaft NRDC gehört wie berichtet dem kanadischen Unternehmer Richard Baker, der zugleich Mehrheitseigentümer des Warenhausunternehmens Hudson Bay Company ist, das wiederum Galeria Kaufhof zwischen 2015 und 2019 schon einmal besessen hatte. Danach wurde das zunehmend verlustreiche Handelshaus an die Signa-Gruppe verkauft und mit Karstadt fusioniert. Bernd Beetz war 2018 und 2019 Aufsichtsratsvorsitzender bei Kaufhof.

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„Wir glauben an die Zukunft von Galeria und haben nur einen Fokus: das Warenhaus“, sagte der 73-jährige Beetz am Mittwoch in der Essener Unternehmenszentrale. Man wolle langfristig investieren, entwickeln und wachsen. Geschäftspartner Baker nannte Galeria „eine ikonische Marke“, die von allen Deutschen gemeinsam erlebt werde und die Eigentümer verdiene, „die bereit sind, sie als Ganzes zu betreiben“.

Der Kauf ist jedoch noch nicht in trockenen Tüchern, sondern gilt erst, wenn das Amtsgericht Essen und die Gläubigerversammlung dem von Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus erstellten Insolvenzplan zustimmen. Geschieht dies nicht, kommt auch der Verkauf nicht zustande. Denkhaus will den Insolvenzplan bis Ende April vorlegen. Die Gläubigerversammlung ist für den 28. Mai geplant.

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Branchenexperten reagierten am Mittwoch allerdings auch skeptisch auf die Ankündigungen. Jörg Funder von der Hochschule Worms rechnet nicht damit, dass 70 Filialen weiterbetrieben werden. Er hält 20 Filialen für eine realistische Zahl. Alles, was darüber hinausgehe, sei ein Zugeständnis an den Insolvenzverwalter, damit man den Zuschlag bekommt, so Funder.

Da kommen Leute ans Ruder, die schon einmal bewiesen haben, dass sie es nicht können.“

Thomas Roeb, Handelsexperte an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, befürchtet sogar, dass die neuen Eigentümer den Niedergang des Warenhaus-Konzerns noch beschleunigen. „Da kommen Leute ans Ruder, die schon einmal bewiesen haben, dass sie es nicht können“, sagt er im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Zumal für ihn nicht zu erkennen sei, dass dort aus Fehlern gelernt wurde.

Dabei schätzt der Professor für Handelsbetriebslehre die Lage bei Galeria nicht grundsätzlich als hoffnungslos ein. Nach internen strategischen Veränderungen gebe es offenbar erste Erfolge, sagt er. Insofern sollten sich die Investoren auf die Lösung der Liquiditätsprobleme bei Galeria beschränken. Wenn sie wie schon bei Kaufhof Ende der 2010er-Jahre versuchten, ein neues Kaufhaus-Konzept aufzusetzen, das schon damals nicht funktioniert hat, würden sie erneut scheitern. „Dann rechne ich in spätestens zwei Jahren mit einer weiteren Insolvenz bei Galeria Karstadt Kaufhof. Das wird dann aber die letzte sein“, sagt Roeb.

Nachdem in den beiden vorangegangenen Pleiten in Berlin bereits vier Kaufhäuser schließen mussten, gibt es derzeit noch acht Filialen von Galeria Karstadt Kaufhof mit insgesamt knapp 1200 Verkäuferinnen und Verkäufern in der Stadt. „Wir können nur abwarten und unsere Kunden bestmöglich bedienen“, sagt eine von ihnen, die seit Jahren am Hermannplatz beschäftigt ist.

Während die Gewerkschaft Verdi fordert, dass alle acht Filialen in Berlin erhalten bleiben, hält Johannes Berentzen, Chef der Münchner BBE Handelsberatung, nur einen Teil der Berliner Kaufhäuser für zukunftsfähig. „Neben dem Luxushaus KaDeWe kann ich mir noch weitere zwei oder drei Häuser vorstellen“, sagt der Unternehmensberater und nennt die Filialen am Alexanderplatz, in der Schloßstraße und am Hermannplatz. Exakte Schließungspläne sollen laut Galeria Karstadt Kaufhof noch im April vorgelegt werden. Wie aus dem Umfeld des Gesamtbetriebsrats zu erfahren war, werden bereits Sozialpläne vorbereitet.

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Handelsexperte zu Insolvenz bei Galeria Karstadt Kaufhof: Wie viele Filialen bleiben in Berlin?

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10.04.2024

Nun steht es fest. Am Mittwoch präsentierten Insolvenzverwalter Stefan Denkhaus und Galeria-Chef Olivier Van den Bossche den neuen Eigentümer der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof. Demnach wurde mit einem Konsortium aus der US-Investmentgesellschaft NRDC und dem deutschen Unternehmer Bernd Beetz der Kauf vereinbart. Laut Denkhaus sollen voraussichtlich mehr als 70 der aktuell 92 Galeria-Filialen fortgeführt werden. Damit sei es möglich, eine große Mehrheit der Arbeitsplätze zu erhalten.

Die beiden Investoren sind bei dem letzten großen Warenhaus-Konzern keine Unbekannten. Die in New York ansässige Investmentgesellschaft NRDC gehört wie berichtet dem kanadischen Unternehmer Richard Baker, der zugleich Mehrheitseigentümer des Warenhausunternehmens Hudson Bay Company ist, das wiederum Galeria Kaufhof zwischen 2015 und 2019 schon einmal besessen hatte. Danach wurde das zunehmend verlustreiche Handelshaus an die Signa-Gruppe verkauft und mit Karstadt fusioniert. Bernd Beetz war 2018 und 2019 Aufsichtsratsvorsitzender bei Kaufhof.

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© Berliner Zeitung


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