Joachim R. ist noch immer sichtlich betroffen, wenn er über das Mordopfer spricht. „Der Halsschnitt war fürchterlich, der Kopf fast abgetrennt“, erzählt der Kriminalist der Dritten Mordkommission an diesem Mittwoch als Zeuge vor Gericht. An beiden Händen habe die Tote massive Abwehrverletzungen gehabt. Selten habe er solche massiven Verletzungen gesehen.

Ende Oktober vorigen Jahres wurden Joachim R. und seine Kollegen in die Mahlsdorfer Straße in Köpenick gerufen. Dort war die 55-jährige Jeannette S. auf dem Weg zur Arbeit niedergemetzelt worden – auf offener Straße. Jeannette S. galt als Powerfrau. Seit mehr als 30 Jahren arbeitete sie bei einer Wohnungsbaugesellschaft in Berlin, war dort viele Jahre Betriebsrätin.

Der Mann, der die Mutter eines erwachsenen Sohnes umgebracht haben soll, wurde nur wenige Stunden später an seinem Wohnort im schleswig-holsteinischen Kiel festgenommen. Nun sitzt er am Berliner Landgericht auf der Anklagebank. Kai G. trägt eine graue Kapuzenjacke über dem weinroten Hemd und sitzt mit unbeteiligten Gesichtszügen hinter seinen beiden Verteidigern.

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52 Jahre alt ist der Angeklagte und Vater von vier Kindern, die zwischen neun und 22 Jahren alt sind. Als Beruf hat er Kraftfahrer angegeben. Bisher ist er strafrechtlich nur wegen einer Trunkenheitsfahrt in Erscheinung getreten. In diesem Verfahren aber geht es um sehr viel mehr. Kai G. muss sich wegen Mordes aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen vor einer Schwurgerichtskammer verantworten. Er werde sich schweigend verteidigen, hat er durch einen seiner Anwälte erklären lassen.

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Jeannette S. soll er im Frühjahr vorigen Jahres in Kiel kennengelernt, ihr aber verschwiegen haben, dass er in dritter Ehe mit einer wesentlich älteren Frau verheiratet ist. Zwischen ihnen entwickelte sich eine Wochenendbeziehung.

Alle 14 Tage soll der Angeklagte mit seinem Auto nach Berlin gekommen sein und das Wochenende bei seiner Freundin verbracht haben. So ist es auch dem Kalender von Jeannette S. zu entnehmen, den die Mordermittler nach der Tat in der Dreizimmerwohnung der getöteten Frau fanden. Die Einträge zu geplanten Besuchen von Kai G. im Oktober und November waren allerdings durchgestrichen.

Für diese Trennung wollte er sich an ihr rächen, nachdem er ohne Erfolg etwa einen Monat lang durch ständige Nachstellungen versucht hatte, sie umzustimmen und zurückzugewinnen.

Denn Jeannette S. hatte sich einen Monat vor ihrem Tod von ihrem Partner getrennt. Er soll ihr gegenüber verbal aggressiv geworden sein, was sich die resolute Frau offenbar nicht gefallen ließ. Außerdem erfuhr sie, dass auf Kai G. in Kiel eine Ehefrau wartete. Jeannette S. setzte den Angeklagten kurzerhand vor die Tür.

Doch damit gab sich Kai G. nicht zufrieden. Immer wieder soll er bei seiner einstigen Geliebten aufgetaucht sein. Mal stand er mit Blumen vor ihrer Tür, mal setzte er sich plötzlich in der S-Bahn neben sie. „Nachdem er ohne Erfolg etwa einen Monat lang durch ständige Nachstellungen versucht hatte, sie umzustimmen und zurückzugewinnen“, habe er sich bei Jeannette S. für die Trennung rächen wollen, sagt Staatsanwältin Silke van Sweringen in ihre Anklage.

Was am Tattag geschehen sein soll, beschreibt van Sweringen so: Am 23. Oktober gegen 7 Uhr morgens habe der Angeklagte Jeannette S. vor ihrer Haustür aufgelauert, um sie zu töten. Zu diesem Zweck soll er sich vier Tage zuvor eine Machete mit einer Klingenlänge von mindestens 30 Zentimetern gekauft haben, die er griffbereit an einer Kordel um den Hals getragen habe.

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Als Jeannette S. ihr Wohnhaus verließ und zu dem nahen S-Bahnhof Köpenick laufen wollte, konnte sie nicht mit einem Angriff rechnen. Heimtückisch soll Kai G. von hinten an sie herangetreten, sie angesprochen und ihr dann sofort die Machete in Tötungsabsicht in den Rücken gerammt haben. Jeannette S. fiel zu Boden. Daraufhin soll der Angeklagte mehrfach auf ihren Brustkorb eingestochen, ihr die Kehle durchtrennt und die Pulsadern aufgeschnitten haben.

Die Bauch-Aorta und die Halsschlagader wurden durch die Stiche durchschnitten, das Herz zweimal getroffen, sagt die Rechtsmedizinerin an diesem ersten Verhandlungstag. Auch Lunge und Leber seien verletzt, der Hals bis zur Wirbelsäule aufgeschnitten worden. Jeannette S. verblutete.

Insgesamt zählte die Rechtsmedizinerin bei der Obduktion 27 Stiche in den Oberkörper. Mehrere Verletzungen seien geeignet gewesen, zum Tode zu führen, so ihr Resümee. In ihrer 17-jährigen Arbeit als Rechtsmedizinerin habe sie erst zwei- oder dreimal ein derart massives Verletzungsbild bei Todesopfern gesehen. Jeannette S. sei nach dem ersten Angriff nicht sofort tot gewesen, sonst hätte sie sich nicht so aktiv gewehrt, so die Expertin. Sie schloss nicht aus, dass es sich bei der Tat um ein „Übertöten“ gehandelt haben könne.

Kai G. soll nach der Tat zu seiner Ehefrau zurückgefahren sein. Zeugen sagten den Mordermittlern, dass Jeannette S. einen Freund aus Kiel gehabt habe, ein Auto mit entsprechendem Nummernschild zur Tatzeit auch in einer Seitenstraße geparkt gewesen sei. In Unterlagen in der Wohnung von Jeannette S. stießen die Fahnder sehr schnell auf den vollständigen Namen des einstigen Partners.

Schon einen Tag nach dem Mord an Jeannette S. und der Festnahme des Tatverdächtigen wurde Kai G. nach Berlin überstellt. In seiner Vernehmung soll er die Tat gestanden haben. Er beschrieb den Ermittlern auch, wo sie nach der Tatwaffe suchen sollten. Die Fahnder konnten daraufhin die mutmaßliche Tatwaffe sicherstellen – sie lag im Gestrüpp neben einem Parkplatz am U-Bahnhof Hönow.

Für das Verfahren sind insgesamt zehn Verhandlungstage geplant.

QOSHE - Ex-Geliebte mit Machete getötet: Angeklagter trennte ihr fast den Kopf ab - Katrin Bischoff
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Ex-Geliebte mit Machete getötet: Angeklagter trennte ihr fast den Kopf ab

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