Der Prozess um den gewaltsamen Tod einer Elfjährigen und ihrer Großmutter ist am Mittwoch am Landgericht Berlin kurz nach Beginn unterbrochen worden. Auch die Anklage wurde nicht verlesen. Grund: Der angeklagte Großvater des Kindes musste sich am Vortag einem kleinen kardiologischen Eingriff unterziehen und ist nach Auskunft des Justizvollzugskrankenhauses erst am 22. April wieder verhandlungsfähig.

Dorothea L., die Mutter des Kindes, war aus der Untersuchungshaft vorgeführt worden. Sie gilt als Hauptangeklagte in dem Verfahren. Die Staatsanwaltschaft wirft der gelernten Hauswirtschafterin Totschlag und Tötung auf Verlangen vor.

Die 42-jährige Frau mit den schulterlangen rotblonden Haaren soll ihr Kind am 13. Oktober vergangenen Jahres in ihrer Wohnung in der Köpenicker Kinzerallee mit einem Stich ins Herz getötet und der Großmutter auf deren eigenen Wunsch hin die Pulsadern aufgeschnitten haben.

Anklage: Bibeltreue Frau soll in Köpenick elfjährige Tochter und Oma getötet haben

15.02.2024

Dem Großvater des Mädchens, Werner L., wirft die Staatsanwaltschaft Totschlag durch Unterlassen vor. Er soll von den Tötungsabsichten gewusst und nichts unternommen haben. Die Anklage geht bei dem 71-Jährigen von einer sogenannten Garantenpflicht aus.

Die streng religiöse Familie – sie soll bibeltreu und pietistisch gelebt haben – hatte sich in der Vergangenheit immer mehr zurückgezogen und abgeschottet. Wobei ihr Glaube auch spirituell-esoterische Züge angenommen haben soll. So hatte es die Staatsanwaltschaft bei Anklageerhebung Mitte Februar mitgeteilt.

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15.04.2024

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In diesem Weltbild habe sich die Familie immer mehr von der gesellschaftlichen Entwicklung überfordert gefühlt, sie sei mit der Politik unzufrieden gewesen und habe sich wegen der Einwanderung zunehmend verängstigt gezeigt.

Dabei soll der Wunsch gereift sein, „sich diesen Sorgen dauerhaft zu entziehen“, teilte die Staatsanwaltschaft damals mit. Schließlich sollen die Erwachsenen entschieden haben, gemeinsam aus dem Leben zu scheiden. Dazu hatten sie sich für den 13. Oktober entschieden, dem letzten Tag vor den Herbstferien.

Auch die beiden Angeklagten sollen versucht haben, sich das Leben zu nehmen. Der Großvater hatte sich in seiner Wohnung wohl ein Messer in den Bauch gerammt und versucht, sich die Pulsadern zu öffnen. Auch Dorothea L. brachte sich schwere Verletzungen bei.

Die Schwester von Dorothea L. soll ihren schwerverletzten Vater am 16. Oktober in der Wohnung gefunden haben. Sie hatte wohl versucht, ihre Eltern zu erreichen, war schließlich zu ihnen gefahren. Kurze Zeit später wurden in der nahegelegenen Wohnung in der Kinzerallee die Leichen des Kindes und seiner Großmutter gefunden.

Die Verteidiger von Wilhelm L. gehen davon aus, dass es bei ihrem Mandanten keine Garantenpflicht gegeben habe. Der Großvater, der einst als Fernsehelektroniker gearbeitet hatte, sei zudem zur Tatzeit nicht am Tatort in der Wohnung seiner Tochter und Enkelin gewesen sein.

Alle Mitglieder der Familie sollen Abschiedsbriefe hinterlassen haben.

Der Prozess geht am 8. Mai weiter. Dann soll zunächst die Anklage verlesen werden. Für die Verhandlung vor der 30. großen Strafkammer sind insgesamt zehn Verhandlungstage geplant.

QOSHE - Tochter (11) und Oma getötet: Mitangeklagter Opa erkrankt – Prozess unterbrochen - Katrin Bischoff
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Tochter (11) und Oma getötet: Mitangeklagter Opa erkrankt – Prozess unterbrochen

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17.04.2024

Der Prozess um den gewaltsamen Tod einer Elfjährigen und ihrer Großmutter ist am Mittwoch am Landgericht Berlin kurz nach Beginn unterbrochen worden. Auch die Anklage wurde nicht verlesen. Grund: Der angeklagte Großvater des Kindes musste sich am Vortag einem kleinen kardiologischen Eingriff unterziehen und ist nach Auskunft des Justizvollzugskrankenhauses erst am 22. April wieder verhandlungsfähig.

Dorothea L., die Mutter des Kindes, war aus der Untersuchungshaft vorgeführt worden. Sie gilt als Hauptangeklagte in dem Verfahren. Die Staatsanwaltschaft wirft der gelernten Hauswirtschafterin Totschlag und Tötung auf Verlangen vor.

Die 42-jährige Frau mit den schulterlangen rotblonden Haaren soll ihr Kind am 13. Oktober vergangenen Jahres in ihrer Wohnung in der Köpenicker Kinzerallee mit einem........

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