Die Baustellenfahrzeuge am Gendarmenmarkt sind still am Freitagmorgen, die Kaffeemaschine hingegen rattert laut. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) gibt sich Mühe, gegen das dröhnende Mahlwerk anzureden. In ihrem knallroten Mantel und der Brosche in Form eines bunt beleuchteten Weihnachtsbaums am Revers begrüßt sie die Besuchergruppe auf der Baustelle. Das Bauprojekt Gendarmenmarkt feiert Bergfest.

Seit Oktober 2022 wird auf dem Gendarmenmarkt in Mitte gebaut. Von den 19.000 Quadratmetern des ganzen Platzes werden im Bereich um den Deutschen Dom und den Französischen Dom 14.000 Quadratmeter neu gepflastert. Die größten Sanierungsarbeiten passieren allerdings unterirdisch.

Das Projekt Gendarmenmarkt wird von der Firma Grün Berlin verantwortet. Auch Geschäftsführer Christoph Schmidt ist wegen der winterlichen Temperaturen dick eingepackt. In seinen blau-weißen Joop-Schal eingewickelt führt er zusammen mit Giffey und den Projektleitern über die Baustelle. Ein unterirdisches System soll das Regenwasser auf dem Platz zukünftig sammeln, reinigen und wieder dem Grundwasser zuführen. Von all dieser Technik wird oberirdisch nichts zu sehen sein.

„Aber wenn man am Ende davon nichts mehr sieht“, fragt Giffey den Geschäftsführer Schmidt im Scherz, „dann denken die Leute doch: Warum ist das wieder so teuer geworden?“ Schmidt lacht. 21 Millionen Euro bezahlt der Senat für das Bauprojekt. Bis Ende 2024 sollen die Hauptarbeiten abgeschlossen sein. Bislang liege man gut in der Zeit. „Es geht zügig und mit voller Kraft voran“, sagt Christoph Schmidt von der landeseigenen Baufirma. Immerhin mehr als zwei Jahre sind für das Projekt bislang eingeplant.

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Acht Millionen Liter Regenwasser versickern jährlich auf dem Platz. Diese Wassermengen sollen in Zukunft von sechs Rigolen aufgefangen werden. Was aufwendig klingt, ist vom Prinzip her ganz einfach: Fällt Regenwasser auf den Platz, wird es abgeleitet und in einer unterirdischen Filteranlage gereinigt. In den Rigolen wird es dann zwischengespeichert und wieder dem Grundwasser zugeführt. Das Wasser versickert dann gereinigt im Boden.

Fünf Kilometer Leitungen sollen verlegt werden. Drei Kilometer sind bereits fertig. Auch andere Firmen haben die Baustelle zum Anlass genutzt, Baumaßnahmen unter dem Gendarmenmarkt durchzuführen. Der Energiekonzern Vattenfall habe eine Fernwärmeleitung umgelegt, so Schmidt, das Verkehrsunternehmen BVG Tunnelsanierungen durchgeführt. Auch die Fassade des Konzerthauses wird saniert. Konzerte finden im Haus aber weiterhin statt.

Die Geschichte des Gendarmenmarkts reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Zunächst als „Esplanade“ bekannt, wurde der Platz im Jahr 1799 erstmals als „Gendarmenmarkt“ bezeichnet. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Platz zerstört, in der Nachkriegszeit dann wieder aufgebaut. Heutzutage ist der Platz vor allen Dingen für die beiden Dome, das Konzerthaus und seinen berühmten Weihnachtsmarkt berühmt. Letzterer ist wegen der Baumaßnahmen auf den Bebelplatz umgezogen.

Neben der Regenwasseraufbereitung wird sich auch auf die Barrierefreiheit des Platzes konzentriert. Das Pflaster soll sowohl barrierefrei sein als auch dem Denkmalschutz entsprechen. Das ist nicht immer einfach. „Denkmalschutz und Barrierefreiheit sind manchmal widersprüchlich“, sagt Projektleiter Ralf Walter. Das alte Pflaster war marode. Aufgrund der unterirdischen Leitungen und Technik müssen mehr als 160 Schachtdeckel verbaut werden. Diese sollen aber mit dem neuen Natursteinmaterial gefüllt werden, sodass sie als Schachtdeckel nicht direkt ins Auge fallen.

Berlin ist zwar bekannt für seine nie endenden Baustellen, Wirtschaftssenatorin Giffey ist dennoch optimistisch. Sie war noch Regierende Bürgermeisterin, als die Baumaßnahmen begannen. Sie steht in der gefrorenen Baugrube direkt neben der offenen Rigole und sagt: „Die Hälfte ist geschafft. Wir liegen gut in der Zeit. Ich hoffe, das genügt.“

QOSHE - Sanierung des Gendarmenmarktes: „Dann denken die Leute doch: Warum ist das wieder so teuer geworden?“ - Kevin Gensheimer
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Sanierung des Gendarmenmarktes: „Dann denken die Leute doch: Warum ist das wieder so teuer geworden?“

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01.12.2023

Die Baustellenfahrzeuge am Gendarmenmarkt sind still am Freitagmorgen, die Kaffeemaschine hingegen rattert laut. Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) gibt sich Mühe, gegen das dröhnende Mahlwerk anzureden. In ihrem knallroten Mantel und der Brosche in Form eines bunt beleuchteten Weihnachtsbaums am Revers begrüßt sie die Besuchergruppe auf der Baustelle. Das Bauprojekt Gendarmenmarkt feiert Bergfest.

Seit Oktober 2022 wird auf dem Gendarmenmarkt in Mitte gebaut. Von den 19.000 Quadratmetern des ganzen Platzes werden im Bereich um den Deutschen Dom und den Französischen Dom 14.000 Quadratmeter neu gepflastert. Die größten Sanierungsarbeiten passieren allerdings unterirdisch.

Das Projekt Gendarmenmarkt wird von der Firma Grün Berlin verantwortet. Auch Geschäftsführer Christoph Schmidt ist wegen der winterlichen Temperaturen dick eingepackt. In seinen blau-weißen Joop-Schal eingewickelt führt er zusammen mit Giffey und den Projektleitern über die Baustelle. Ein unterirdisches System soll das Regenwasser auf dem Platz........

© Berliner Zeitung


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