Die Ankündigung liest sich zunächst verwunderlich: „Kleidertauschbörse des Deutschen Filmpreises“, ist sie überschrieben – die Veranstalter der renommierten Trophäenzeremonie laden zur Secondhand-Sause; Gäste des Filmpreises sollen vorab ihre alten Anzüge und Kleider vorbeibringen, und sich sodann an der abgelegten Garderobe der Anderen bedienen.

Am Wochenende war es denn auch schon so weit: Nachdem Regisseurinnen und Schauspieler, Kamerafrauen und Maskenbildner ihre Tauschware zuvor beim Kostümverleih Theaterkunst in Wilmersdorf oder direkt in der Filmakademie in Kreuzberg abgeben konnten, wurde am Samstag in einem vorbereiteten Hotelzimmer am Kurfürstendamm fröhlich ausgetauscht.

Allerdings: „Wir haben für die Aktion von allen, die dabei waren, zwar durchweg positives Feedback bekommen“, sagt Juliane Kranz am Telefon, „nur war die Beteiligung noch recht zurückhaltend.“ Kranz ist Nachhaltigkeitsbeauftragte beim Deutschen Filmpreis, betreut also entsprechende Projekte wie jetzt den Kleidertausch.

Das nämlich ist die Idee der ganzen Schose: „sharing is caring“, hieß es schon in der Vorankündigung, „im Sinne der Nachhaltigkeit könnt Ihr in diesem Jahr Outfits tauschen statt neu kaufen.“ Ein sinnvolles Angebot, „dass wir aber vielleicht ein bisschen früher hätten starten müssen, drei Wochen vor der Preisverleihung wissen wohl die meisten schon, was sie tragen werden“, so Kranz; außerdem werde es in kommenden Jahren, in denen es dann schon einen kleinen Grundstock an Smokings und Abendroben gibt, leichter mit dem Tauschgeschäft.

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Das Projekt der glamourösen Kleiderbörse ist also langfristig angelegt – und tatsächlich liegt der Deutsche Filmpreis, der zum nächsten Mal am 3. Mai im Theater am Potsdamer Platz vergeben wird, damit voll im Trend. Zwar sind es nicht unbedingt ähnliche Tauschaktionen, die andernorts Schlagzeilen machen. Doch das Thema nachhaltiger Alternativen zum obligatorisch immer neuen Filmpreis-Outfit ist auch international vakant.

Was früher als absolutes Fauxpas galt zum Beispiel, wird in Medienberichten mittlerweile lobend hervorgehoben: Immer öfter sind auf den einschlägigen roten Teppichen Schauspielerinnen in Kleidern zu sehen, die sie zuvor schon einmal ausgeführt hatten. Cate Blanchett etwa erschien zu den Filmfestspielen in Cannes 2018 in einer schwarzen Spitzenrobe von Armani, die sie 2014 schon einmal bei den Golden Globes getragen hatte; Rita Moreno wagte sich sogar knackige 56 Jahre, nachdem sie 1962 in einem üppigen Abendkleid mit goldenen Stickereien den Oscar gewonnen hatte, im Jahr 2018 im selben Kleid noch einmal auf die gleiche Veranstaltung.

Kirsten Dunst, Helena Bonham Carter, Helen Mirren – die Liste der modischen Wiederholungstäterinnen ist lang und hochquarätig. Und ihre Auftritte haben auch Symbolcharakter: Wenngleich sie sich wirklich alles kaufen könnten, was sie wollen, geben sie lieber schönen alten Kleidern eine zweite Chance. Gängig ist allerdings nach wie vor das Modell, dass sich gerade berühmte Schauspielerinnen und Schauspieler ihre Outfits bei den Marken leihen und danach zurückgeben, was ja an sich theoretisch auch ein nachhaltiger Prozess ist.

Wohl auch aus diesem Grund waren bei der Tauschbörse des Deutschen Filmpreises in Berlin am Wochenende zwar auch einige Schauspielerinnen dabei, darunter etwa Benita Bailey, Clelia Sarto oder Sina Martens. „Da sich aber viele Prominente für Events ihre Garderobe eher leihen, ist das sicher ein Angebot, dass gerade für weniger bekannte Filmpreis-Gäste aus den Gewerken interessant ist“, so Juliane Kranz.

Aber auch die Designerleihgabe konnte direkt über den Deutschen Filmpreises besorgt werden; dafür arbeiteten die Veranstalter mit Dawid Tomaszewski zusammen. Der Berliner Designer bot in besagtem Hotelzimmer am Kudamm seine träumerischen Roben für den Filmpreisabend an, die Regisseurin Ayşe Polat zum Beispiel, in diesem Jahr für „Im Toten Winkel“ nominiert, griff zu.

Im kommenden Jahr, so die Hoffnung, wird auch die Tauschbörse noch stärker frequentiert. Juliane Kranz jedenfalls malt sich schon mal die hübschesten Anekdoten aus: „Stellen Sie sich nur vor, zwei berühmte Schauspielerinnen würden sich auf dem roten Teppich begegnen und feststellen, dass die Eine ein Kleid der Anderen trägt und umgekehrt“, sagt sie. „Das fänd‘ ich total toll!“

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Deutscher Filmpreis bittet Stars zum Kleidertausch in Berlin: Glamour aus zweiter Hand

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15.04.2024

Die Ankündigung liest sich zunächst verwunderlich: „Kleidertauschbörse des Deutschen Filmpreises“, ist sie überschrieben – die Veranstalter der renommierten Trophäenzeremonie laden zur Secondhand-Sause; Gäste des Filmpreises sollen vorab ihre alten Anzüge und Kleider vorbeibringen, und sich sodann an der abgelegten Garderobe der Anderen bedienen.

Am Wochenende war es denn auch schon so weit: Nachdem Regisseurinnen und Schauspieler, Kamerafrauen und Maskenbildner ihre Tauschware zuvor beim Kostümverleih Theaterkunst in Wilmersdorf oder direkt in der Filmakademie in Kreuzberg abgeben konnten, wurde am Samstag in einem vorbereiteten Hotelzimmer am Kurfürstendamm fröhlich ausgetauscht.

Allerdings: „Wir haben für die Aktion von allen, die dabei waren, zwar durchweg positives Feedback bekommen“, sagt Juliane Kranz am Telefon, „nur war die Beteiligung noch recht zurückhaltend.“ Kranz ist Nachhaltigkeitsbeauftragte beim Deutschen Filmpreis, betreut also entsprechende Projekte wie jetzt den Kleidertausch.

Das nämlich ist die Idee der ganzen Schose: „sharing is caring“, hieß es schon in der........

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