Mindestens einmal war es schon vorgekommen, dass eine Berliner Robe auf dem roten Teppich der Oscars getragen wurde. Im vergangenen Jahr nämlich, als sich Sina Östlund für die renommierteste Filmpreisverleihung der Welt von Kaviar Gauche einkleiden ließ. Die Ehefrau des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund trug eine mit Kristallen besetzte und mit Flügelärmelchen ausgestattete Robe der Berlinerinnen Alexandra Roehler und Johanna Kühl; ein Kleid von engelsgleicher Leichtigkeit.

Nun, zwölf Monate später, wurde in Hollywood abermals der Entwurf einer Berlinerin zum Hingucker – und er hätte sich von der Kaviar-Gauche-Robe kaum stärker unterscheiden können. Weniger zart als stark kam das Kleid daher, schwarz war es statt weiß, ein komplett anderer Look. Einzige Gemeinsamkeit: Wieder war es die Frau eines Regisseurs, die sich für ein Berliner Design entschieden hatte.

Fotografin Donata Wenders, die ihren oscarnominierten Gatten Wim Wenders zum Filmpreis begleitete, trug einen Entwurf der Designerin Mira von der Osten, die ihr Label Cruba vor 15 Jahren in Berlin gründete. Und wer ganz genau hingeschaut hat, wird erkannt haben, dass zarte Stoffe hierbei keine Rolle spielten.

Das Kleid wurde handgestrickt aus alten Videobändern; „ein Kleid aus drei VHS-Film-Kassetten“, so soll Donata Wenders laut einer Ankündigung des Labels Cruba bei einer Anprobe gesagt haben, „das ist doch genial!“ Ehrensache freilich, dass es sich bei den so verarbeiteten Magnetbändern nicht um irgendwelche – sondern um Filmkassetten ihres Mannes Wim Wenders handelt.

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Bevor sie zum Kleid wurden, hätten die Bänder „Paris, Texas“ (1984), „Tokyo-Ga“ (1985) und „Der Himmel über Berlin“ (1987) abspielen können; drei Filme, die „zu meinen Lieblingsfilmen gehören“, so Donata Wenders. Drei Achtzigerjahre-Streifen, zu einem futuristisch anmutenden Kleid verformt – „hier kommen Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart zusammen“, so die Fotografin.

Indes verweist Mira van der Ostens Entwurf auch auf Wim Wenders „Perfect Days“ (2023), der in diesem Jahr als Bester Internationaler Film für einen Oscar nominiert war. Darin „spielen Musik-Kassetten eine wichtige Rolle“, heißt es von Seiten des Labels Cruba. „VHS-Kassetten bestehen aus dem gleichen Material, sie sind nur breiter als das reine Musikband.“ Der Designerin gefalle besonders, dass „das Material so wunderbar mit dem Licht spielt“ und sie durch die Aufarbeitung alter Videobänder nachhaltig gearbeitet habe.

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Und auch Wim Wenders soll begeistert gewesen sein. So habe er beim ersten Anblick des Kleides gesagt: „Endlich wird aus diesen ollen VHS-Bändern mal was Schönes gemacht, ich habe mich für die grottige audiovisuelle Qualität dieser Videokassetten immer geschämt.“ Der Auftritt seiner Frau mag für den Regisseur also ein kleiner Trost gewesen sein – am Ende des Abends ging Wim Wenders leider ohne Filmtrophäe nachhause.

QOSHE - Neues Kleid aus alten Videobändern: Diese Berlinerin entwarf eine Oscar-Robe - Manuel Almeida Vergara
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Neues Kleid aus alten Videobändern: Diese Berlinerin entwarf eine Oscar-Robe

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11.03.2024

Mindestens einmal war es schon vorgekommen, dass eine Berliner Robe auf dem roten Teppich der Oscars getragen wurde. Im vergangenen Jahr nämlich, als sich Sina Östlund für die renommierteste Filmpreisverleihung der Welt von Kaviar Gauche einkleiden ließ. Die Ehefrau des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund trug eine mit Kristallen besetzte und mit Flügelärmelchen ausgestattete Robe der Berlinerinnen Alexandra Roehler und Johanna Kühl; ein Kleid von engelsgleicher Leichtigkeit.

Nun, zwölf Monate später, wurde in Hollywood abermals der Entwurf einer Berlinerin zum Hingucker – und er hätte sich von der Kaviar-Gauche-Robe kaum stärker unterscheiden können. Weniger zart als stark kam das Kleid daher, schwarz war es statt weiß, ein komplett anderer Look. Einzige Gemeinsamkeit: Wieder war es die........

© Berliner Zeitung


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