Die CDU will die deutsche Autoindustrie offenbar doch nicht kampflos aufgeben: Im neuen EU-Wahlprogramm der Union wird ausdrücklich ein Kurswechsel im Umgang mit Verbrennungsmotoren angekündigt. In dem Entwurf des Programms heißt es wörtlich: „Wir wollen das Verbrennerverbot wieder abschaffen und die deutsche Spitzentechnologie des Verbrennungsmotors erhalten und technologieoffen weiterentwickeln.“ Synthetische Kraftstoffe sollen dafür „eine zentrale Rolle“ spielen. Die Union will demnach „eine Zukunftsperspektive für den sauberen Verbrennungsmotor schaffen“. Die Konservativen „stehen zum Auto, unabhängig von der Antriebsart“. Es brauche „eine schnellstmögliche Überprüfung des Verbrennerverbots“.

Jens Gieseke, Chefverhandler der EVP für die Überarbeitung der CO2-Flottengrenzwerte, sagte der Berliner Zeitung: „Das Verbot des Verbrenners war eine Fehlentscheidung. Diese müssen wir jetzt so schnell wie möglich korrigieren. Das Elektroauto hat Probleme der Akzeptanz bei den Konsumenten, die Ladeinfrastruktur fehlt.“ Gieseke sieht die CDU hier im Gleichklang mit den anderen konservativen Parteien in Europa: „Die Rücknahme des Verbrenner-Verbots steht ganz klar in unserem Wahlprogramm, und im Manifesto der EVP gilt der Grundsatz der Technologie-Offenheit, was dasselbe bedeutet.“ Gieseke glaubt, dass sich die Erkenntnis auf die Notwendigkeit einer Rückkehr zum Verbrenner bald durchsetzen werde: „Wir müssen uns eingestehen, dass die Electric-only-Strategie gescheitert ist. Es wäre schön, wenn auch andere Parteien ins Lager der Vernunft zurückkehren würden.“ Gieseke sieht einen entsprechenden Trend in der Industrie: „Die großen Hersteller nehmen auch bereits einen Kurswechsel vor und setzen wieder auf Verbrenner.“ Für Gieseke gibt es keinen Grund, der Erkenntnis nicht zügig Taten folgen zu lassen: „Wir müssen nicht bis 2026 mit einer Revision der Entscheidung zum Verbrenner-Aus warten, sondern diese gleich nach der Europawahl vornehmen.“

Die Kehrtwende der EVP ist eine Schlappe für die Präsidentin der EU-Kommission, Ursula von der Leyen: Sie hatte das ausdrückliche Verbrenner-Verbot vorangetrieben. Inwieweit die neue Linie mit von der Leyens Kandidatur für eine zweite Amtsperiode zusammenhängt ist unklar.

Der Kurswechsel in der Industrie ist jedenfalls längst evident: Mercedes-Benz will „bis weit in das nächste Jahrzehnt hinein Autos mit Verbrennungsmotor verkaufen können“, sagte der Vorstandsvorsitzende, Ola Kaellenius, neulich und fügte laut Reuters hinzu, dass es beim Übergang zu Elektroautos „Höhen und Tiefen“ geben werde. „Wir wollen Kunden und Investoren klarmachen, dass wir strategische Flexibilität nutzen werden“, sagte Kaellenius und verwies auf die Fähigkeit des Automobilherstellers, zwischen der Produktion von Elektrofahrzeugen und Verbrennungsmotoren zu wechseln.

Der internationale Stellantis-Konzern, zu dem unter anderem Citroën, DS, Peugeot, Opel, Vauxhall, Abarth, Alfa Romeo, Fiat, Lancia und Maserati sowie aus den USA Chrysler, Dodge und Jeep gehören, will ebenfalls auf Verbrenner setzen. Der Konzern hat signalisiert, dass er nicht die Absicht habe, in absehbarer Zeit auf benzinbetriebene Autos zu verzichten.

06.03.2024

•heute

06.03.2024

gestern

•heute

Der Automobilkonzern, der 14 Marken besitzt, will laut Mitteilung des Konzerns in Südamerika umgerechnet sechs Milliarden US-Dollar für neue Motoren und Fahrzeuge investieren. Die Ausgaben gelten als die größte jemals im südamerikanischen Automobilsektor getätigte Investition und werde die Markteinführung von mehr als 40 Autos und die Entwicklung von Flex-Fuel-Motoren unterstützen, die für den Betrieb mit Benzin und Ethanol ausgelegt sind. Stellantis plant außerdem die Entwicklung von Hybrid-Flex- und Plug-in-Hybrid-Flex-Fahrzeugen, die den vielseitigen Verbrennungsmotor mit einer Batterie für noch mehr Effizienz kombinieren. Darüber hinaus soll in der Region mindestens ein vollelektrisches Auto produziert werden. Die Investitionen werden zwischen 2025 und 2030 getätigt.

Auch die Hybrid-Technologie wird mittlerweile wieder als Alternative angesehen. Der Tesla-Hype hatte in den USA zunächst dazu geführt, dass die Verkäufe des Toyota Prius, dem Vorzeigemodell für Hybridfahrzeuge, innerhalb eines Jahrzehnts um 85 Prozent zurückgegangen waren. Vor allem Schauspieler und andere Hollywood-Größen hatten lange Zeit den Prius als Zukunftslösung beworben, zahlreiche Firmenflotten und Taxiverbände rüsteten auf das Modell von Toyota um.

Die Hybrid-Lösungen sind nun wieder im Kommen. Die enttäuschenden Verkaufszahlen bei Elektroautos hätten dazu geführt, dass General Motors, Ford Motor und Volkswagen ihre ehrgeizigen Ziele für E-Autos reduziert haben, berichtet die New York Times. Die Verkäufe von Hybridfahrzeugen seien dagegen „robust“, was auf einen neuen Realismus hindeute: „Viele Amerikaner stehen der Elektrifizierung äußerst aufgeschlossen gegenüber, sind aber noch nicht bereit für ein vollelektrisches Auto.“

Der Chefverkäufer von Toyota für Australien sagte, nicht jeder Markt eigne sich für rein elektrische Autos. Ein entscheidender Grund der Probleme der amerikanischen und europäischen Hersteller beim Elektroauto dürfte der Preis sein: Elektroautos sind Luxusgüter – sofern sie nicht aus China kommen. Dort hat BYD die Produktion eines elektrischen Kleinwagens für 9000 Euro angekündigt. Das billigste E-Auto kostet in Deutschland etwa 22.000 Euro. Kein Wunder, dass in Europa und den USA die Zeichen auf schnellstmögliche Rückkehr in den sicheren Hafen Verbrenner stehen. Michael Maier

QOSHE - Schlappe für von der Leyen: Ist der Traum vom Elektro-Auto ausgeträumt? - Michael Maier
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Schlappe für von der Leyen: Ist der Traum vom Elektro-Auto ausgeträumt?

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09.03.2024

Die CDU will die deutsche Autoindustrie offenbar doch nicht kampflos aufgeben: Im neuen EU-Wahlprogramm der Union wird ausdrücklich ein Kurswechsel im Umgang mit Verbrennungsmotoren angekündigt. In dem Entwurf des Programms heißt es wörtlich: „Wir wollen das Verbrennerverbot wieder abschaffen und die deutsche Spitzentechnologie des Verbrennungsmotors erhalten und technologieoffen weiterentwickeln.“ Synthetische Kraftstoffe sollen dafür „eine zentrale Rolle“ spielen. Die Union will demnach „eine Zukunftsperspektive für den sauberen Verbrennungsmotor schaffen“. Die Konservativen „stehen zum Auto, unabhängig von der Antriebsart“. Es brauche „eine schnellstmögliche Überprüfung des Verbrennerverbots“.

Jens Gieseke, Chefverhandler der EVP für die Überarbeitung der CO2-Flottengrenzwerte, sagte der Berliner Zeitung: „Das Verbot des Verbrenners war eine Fehlentscheidung. Diese müssen wir jetzt so schnell wie möglich korrigieren. Das Elektroauto hat Probleme der Akzeptanz bei den Konsumenten, die Ladeinfrastruktur fehlt.“ Gieseke sieht die CDU hier im Gleichklang mit den anderen konservativen Parteien in Europa: „Die Rücknahme des Verbrenner-Verbots steht ganz klar in unserem Wahlprogramm, und im Manifesto der EVP gilt der Grundsatz der Technologie-Offenheit, was dasselbe bedeutet.“ Gieseke glaubt, dass sich die Erkenntnis auf die Notwendigkeit einer Rückkehr zum Verbrenner........

© Berliner Zeitung


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