„Wir werden darüber sprechen, wie eine weitere Eskalation mit Zug um Zug mehr Gewalt verhindert werden kann.“ Dieses Zitat stammt nicht von Friedensfreunden wie Sahra Wagenknecht oder dem stark unter Beschuss geratenen Rolf Mützenich. Das hat – Verfechter von Waffenlieferungen an die Ukraine werden es wohl kaum glauben – die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grünen) gesagt. Zwar nicht im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg, sondern anlässlich des iranischen Angriffs auf Israel. Im jüdischen Staat schüttelt man, hört man Baerbock genau zu, aber auch nur den Kopf.

Die Außenministerin reist zum achten Mal seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober vergangenen Jahres nach Israel. Es geht für Baerbock derzeit also im Monatsrhythmus nach Nahost: Man wird die Grünen-Politikerin wie immer stets nett empfangen, es wird eine harmonische Atmosphäre suggeriert, eine Pressekonferenz hier, ein Fototermin da. Und auch das Social-Media-Team im Auswärtigen Amt wird wieder viele Storys und Posts auf Instagram und Co. hochladen. Doch mit stichhaltigen diplomatischen Ergebnissen, die für den Staat Israel, die Zukunft des Gazastreifens oder die Rückkehr zur Normalität in der gesamten Region entscheidend sind, wird Baerbock wohl nicht zurück nach Berlin kommen.

Beispielhaft dafür ist die Ankündigung des israelischen Außenministers Israel Katz am heutigen Mittwoch, kurz nach seinem Treffen mit Baerbock, man habe „das Recht, so zu reagieren, und so zu handeln, wie wir es für richtig halten“. Die Frage im Raum ist also: Beteiligt sich Deutschland aktiv an der israelischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik oder fährt man auch die „einzigartigen“ Beziehungen zum jüdischen Staat in eine Sackgasse?

Baerbocks Job übernehmen in der Region – und das hat man spätestens am vergangenen Wochenende gut beobachten können – die Amerikaner, Briten und Franzosen. Also praktisch alle „großen“ westlichen Nationen außer wir Deutschen. Schließlich war es die angelsächsische Koalition aus amerikanischer und britischer Luftwaffe, die iranische Drohnen schon über dem Luftraum Jordaniens, Syriens und im Irak abschossen.

•gestern

15.04.2024

•gestern

Und auch Paris habe dabei geholfen, den „israelischen Luftraum zu überwachen“, so ein israelischer Armeesprecher. Nur vom politischen Berlin hat man in den schwierigen Stunden der iranischen Attacken im Jerusalemer Regierungsviertel kaum was gehört. Baerbock steht mehr oder weniger im außenpolitischen Abseits und Deutschland verliere stetig an Gewicht in der Region, hört man aus Sicherheitskreisen in der Region; im von unterschiedlichen Interessen geleiteten Nahen Osten nimmt man andere geopolitische Schwergewichte ernst – die deutsche Außenministerin gehöre ausdrücklich nicht dazu.

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Dabei ist der Tageskalender der Außenministerin eng getaktet: Nach den Treffen mit Außenminister Katz, Premierminister Benjamin Netanjahu und Oppositions- wie auch Kriegskabinettsmitglied Benny Gantz, geht es im Flieger ins feine Capri. Doch auf der Raffaello-Insel bei Neapel, wo eigentlich Beyoncé und Tom Cruise ihre Sommerferien verbringen, kommt es zum nächsten Krisengipfel für Baerbock. Italiens Außenminister Antonio Tajani lädt nämlich zum G7-Treffen ein. Und auch am malerischen Golf von Neapel werden Washington, London und Paris den Duktus in Israel- und Ukraine-Themen bestimmen und eben nicht Berlin.

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14.02.2024

Deutsche Befindlichkeiten: Es wird Zeit, Israel als Realität wahrzunehmen

gestern

Vielleicht zeigt die Wetterlage in Süditalien sehr beispielhaft den Stand der deutschen Außenpolitik. Während am Wochenende die Italiener zum ersten Mal im Jahr ihre Lidos, ihre Strand- und Poolbars besuchten, zeigt der Wetterbericht für Mittwoch stürmische und ungemütliche 16 Grad an. Gefühlt befindet sich ebenso Deutschlands Außenpolitik seit Monaten im Winterschlaf. Fest steht: Geopolitische Ansprüche und Realität klaffen im Außenministerium hierzulande immer weiter auseinander – eine nachhaltige, geostrategische Richtung ist, vor allem für die internationalen Partner Deutschlands, nicht erkennbar.

Baerbock spult also Kilometer um Kilometer und wird wohl – bis zum Ende ihrer Amtszeit im Spätherbst 2025 – so weiter machen. Doch die diplomatischen Erfolge einer Außenministerin, die in Anbetracht der Kriege in Nahost und der Ukraine in die Geschichte gehen könnten, bleiben aus. Es wird auf eine ergebnislose Amtszeit hinauslaufen.

QOSHE - Ergebnislose Instagram-Diplomatie: Baerbock in Israel und bei G7-Gipfel auf Capri - Nicolas Butylin
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Ergebnislose Instagram-Diplomatie: Baerbock in Israel und bei G7-Gipfel auf Capri

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17.04.2024

„Wir werden darüber sprechen, wie eine weitere Eskalation mit Zug um Zug mehr Gewalt verhindert werden kann.“ Dieses Zitat stammt nicht von Friedensfreunden wie Sahra Wagenknecht oder dem stark unter Beschuss geratenen Rolf Mützenich. Das hat – Verfechter von Waffenlieferungen an die Ukraine werden es wohl kaum glauben – die Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grünen) gesagt. Zwar nicht im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg, sondern anlässlich des iranischen Angriffs auf Israel. Im jüdischen Staat schüttelt man, hört man Baerbock genau zu, aber auch nur den Kopf.

Die Außenministerin reist zum achten Mal seit dem Hamas-Massaker vom 7. Oktober vergangenen Jahres nach Israel. Es geht für Baerbock derzeit also im Monatsrhythmus nach Nahost: Man wird die Grünen-Politikerin wie immer stets nett empfangen, es wird eine harmonische Atmosphäre suggeriert, eine Pressekonferenz hier, ein Fototermin da. Und auch das Social-Media-Team im Auswärtigen Amt wird wieder viele Storys und Posts auf Instagram und Co. hochladen. Doch mit stichhaltigen diplomatischen Ergebnissen, die für den Staat........

© Berliner Zeitung


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