Zwei im französischen Fernsehen gezeigte Militärkarten sorgen im Zusammenhang mit Emmanuel Macrons Ideen zu einem möglichen Einsatz von Nato-Bodentruppen in der Ukraine für medialen Sprengstoff.

Der Sender LCI bespricht nämlich mit einem Oberstleutnant überaus präzise, wo konkret in der Ukraine französische Truppen stationiert werden und Kiew im Krieg gegen Russland unterstützen könnten.

In den zwei – bisher hypothetischen – Szenarien, die im französischen Fernsehen zur Primetime gezeigt werden, sieht man mehrere Soldaten, die im ersten Bild entlang der belarussischen Grenze und im zweiten Bild entlang des Flusses Dnjepr projiziert sind. „Die Stationierung von Truppen entlang des Dnjepr zeigt der Russischen Föderation die ‚roten Linien‘ – weiter dürfen sie nicht vordringen“, sagt der Oberstleutnant Vincent Arbaretier. Die Verlegung an der belarussischen Grenze würde, so der Militär, die Hauptstadt Kiew absichern und ukrainische Truppen entlasten, die an der Donbass-Front benötigt werden.

Laut Arbaretier, der mit Bosnien, Albanien, Afghanistan, Sudan und Tschad eine reiche Einsatz-Vita vorzuweisen hat, würde Frankreich in einem solchen Ukraine-Szenario bis zu 20.000 Soldaten in speziellen mobilen Brigaden einsetzen. Es gehe darum, „Einheiten einzusetzen, die schnell reagieren können. Aufklärung, Kampfeinheiten und Unterstützungseinheiten, um die Russen aufhalten zu können“, so Arbaretier. Er fügt hinzu, dass die französischen Streitkräfte in der Vergangenheit schon in ähnlichen Fällen ihren Dienst leisteten und für einen solchen Einsatz „ausreichend qualifiziert“ seien.

Außerdem ist der Oberstleutnant der Überzeugung, das französische Militär müsse in Anbetracht der Pattsituation an der Front im Osten und Süden der Ukraine die Initiative ergreifen, „um seiner Rolle bei der Verteidigung Europas als Atommacht nachzukommen“. Derzeit gibt es jedoch keine große öffentliche Unterstützung für solche Kriegspläne – Umfragen zufolge sollen ungefähr 75 Prozent der Franzosen gegen eine direkte Kriegsbeteiligung ihrer eigenen Streitkräfte in der Ukraine sein.

•gestern

•vor 2 Std.

18.03.2024

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Zeitgleich sagt Arbaretier, ein militärisches Eingreifen französischer Truppen dürfe keinesfalls in einer Provokation für den Kreml enden – stattdessen solle ein derartiger Schritt Wladimir Putin an den Verhandlungstisch „zwingen“.

In Moskau reagiert man derweil wütend auf die Signale aus Paris. Der Ex-Präsident und Leiter des russischen Sicherheitsrats Dmitri Medwedew bezeichnete in einem Telegram-Post die „systematische Vernichtung“ französischer Truppen als „wichtigste“ Aufgabe. „Bei so vielen Särgen, die aus einem fremden, fernen Land nach Frankreich geliefert werden, ist es unmöglich, den Massentod von professionellem Militärpersonal zu verbergen“, so Medwedew, „die Vernichtung der französischen Truppen wird die vorrangige und glorreiche Aufgabe unserer Streitkräfte sein.“

Zuvor hatte schon der Chef des russischen Auslandsgeheimdienstes (SWR) Sergej Naryschkin erklärt, seine Behörde habe konkrete Informationen, dass Paris einen Marschbefehl für 2000 Soldaten vorbereite. Naryschkin sagte, dass „eine so große Militäreinheit nicht unbemerkt in die Ukraine verlegt und dort stationiert werden kann“. Dabei warnte er zugleich die Franzosen: Das Nato-Land wäre in diesem Fall „ein legitimes, vorrangiges Ziel für Angriffe der russischen Streitkräfte“.

Das französische Verteidigungsministerium widersprach den Behauptungen russischer Geheimdienste. Diese Feststellungen seien vielmehr „ein Hinweis auf den systematischen Einsatz von Massendesinformationstaktiken durch Russland“.

Frankreichs Präsident Macron hatte während einer Ukraine-Unterstützungskonferenz in Paris vor wenigen Wochen einen Nato-Bodentruppeneinsatz im kriegsgebeutelten Land ausdrücklich nicht ausgeschlossen. „Wir nähern uns gewiss einem Moment unseres Europas, in dem es angebracht ist, nicht feige zu sein“, sagte er während eines Besuchs im tschechischen Prag. Er adressierte damit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der sowohl dem Einsatz offizieller Truppenkontingente als auch der Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers wiederholt eine Absage erteilt hat.

Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski hat es hingegen als offenes Geheimnis bezeichnet, dass westliche Soldaten bereits in der Ukraine sind. „Wie Ihr Kanzler sagte, sind bereits einige Truppen aus großen Ländern in der Ukraine“, sagte Sikorski in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Deutschen Presse-Agentur. Auf die Nachfrage, ob es ein Problem sei, dass der Kanzler über das Thema spricht, sagte er: „Im Polnischen haben wir den Begriff Tajemnica Poliszynela, der ein Geheimnis beschreibt, das jeder kennt.“

Der polnische Chefdiplomat hatte sich zuvor positiv zu Macrons Ideen bezüglich Bodentruppen in der Ukraine geäußert: „Die Präsenz von Nato-Truppen in der Ukraine ist nicht undenkbar. Ich begrüße die Initiative von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron“, schrieb Sikorski am 9. März auf der Plattform X, ehemals Twitter.

QOSHE - Französischer Sender diskutiert Ukraine-Einsatz: Hier könnten Nato-Truppen stationiert werden - Nicolas Butylin
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Französischer Sender diskutiert Ukraine-Einsatz: Hier könnten Nato-Truppen stationiert werden

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20.03.2024

Zwei im französischen Fernsehen gezeigte Militärkarten sorgen im Zusammenhang mit Emmanuel Macrons Ideen zu einem möglichen Einsatz von Nato-Bodentruppen in der Ukraine für medialen Sprengstoff.

Der Sender LCI bespricht nämlich mit einem Oberstleutnant überaus präzise, wo konkret in der Ukraine französische Truppen stationiert werden und Kiew im Krieg gegen Russland unterstützen könnten.

In den zwei – bisher hypothetischen – Szenarien, die im französischen Fernsehen zur Primetime gezeigt werden, sieht man mehrere Soldaten, die im ersten Bild entlang der belarussischen Grenze und im zweiten Bild entlang des Flusses Dnjepr projiziert sind. „Die Stationierung von Truppen entlang des Dnjepr zeigt der Russischen Föderation die ‚roten Linien‘ – weiter dürfen sie nicht vordringen“, sagt der Oberstleutnant Vincent Arbaretier. Die Verlegung an der belarussischen Grenze würde, so der Militär, die Hauptstadt Kiew absichern und ukrainische Truppen entlasten, die an der Donbass-Front benötigt werden.

Laut Arbaretier, der mit Bosnien, Albanien, Afghanistan, Sudan und Tschad eine reiche Einsatz-Vita vorzuweisen hat, würde Frankreich in einem solchen Ukraine-Szenario bis zu 20.000 Soldaten in speziellen mobilen Brigaden einsetzen. Es gehe darum,........

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