Mitte November treffen sich die Staatschefs der 20 wichtigsten Staaten der Erde zum G20-Gipfel in Rio de Janeiro. Plan- und turnusmäßig wird auch der russische Präsident, Wladimir Putin, am Zuckerhut erwartet. Allerdings müsste Putin dann, falls er auch nur einen Schritt auf brasilianisches Territorium setzt – laut des Internationalen Strafgerichtshofs – festgenommen werden.

Denn Brasilien hat wie 122 weitere Staaten das sogenannte Römische Statut unterschrieben. Demnach ist das südamerikanische Land laut dem Haager Tribunal theoretisch verpflichtet, Menschen, die per internationalem Haftbefehl gesucht werden, festzusetzen. Bei Putin wäre das der Fall – der Strafgerichtshof hat nämlich im März 2023 einen Haftbefehl gegen den 71-Jährigen wegen der Deportation ukrainischer Kinder erlassen. Allerdings gilt eine Festnahme Putins am Flughafen in Rio als höchst unwahrscheinlich.

Der sozialdemokratische Präsident Lula da Silva versucht nun, Wege zu finden, Putin und weiteren russischen Delegationsmitgliedern während ihres Brasilien-Besuchs Immunität zu gewähren. Das teilte die Regierung in Brasília in einer Stellungnahme mit. In einem Schreiben, das schon im November 2023 an die UN-Völkerrechtskommission geschickt wurde, wird Putin zwar nicht direkt erwähnt – jedoch wird das Dokument so interpretiert, dass der russische Präsident seine Immunität in Rio wahren würde, da Russland selbst das Rom-Statut nie ratifiziert hat.

Lulas Ziel: Der Gipfel in Rio de Janeiro soll nicht in einem Fiasko enden. Außerdem will sich Brasilien als eines der aufstrebenden Brics-Mitglieder stärker für Neutralität und Ausgeglichenheit im geopolitischen Diskurs einsetzen. Brasiliens Staatschef positionierte sich in der Vergangenheit immer wieder als „neutral“ zwischen Russland und der Ukraine. Er sorgte unter westlichen Partnerländern für Verwirrung, als er auch Kiew eine Teilschuld am Krieg vorwarf. Außerdem sagte er, die Nato-Mitglieder würden mit Waffenlieferungen die Gewalt in der Ukraine weiter befeuern, statt sich für Frieden einzusetzen.

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Noch im vergangenen Dezember äußerte sich Lula ganz anders: Damals wollte der brasilianische Präsident seinem Gegenüber aus Moskau nämlich keine Sicherheitsgarantien geben. Ob Putin in Brasilien aufgrund des Haftbefehls des Internationalen Strafgerichtshofs verhaftet werde, liege nicht in seinem Kompetenzbereich, sagte er damals. „Ob er verhaftet wird, wenn er kommt? Kann sein, kann nicht sein. Das wird die Justiz entscheiden“, so Lula.

QOSHE - Putin soll trotz Haftbefehl zum G20-Gipfel nach Brasilien kommen - Nicolas Butylin
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Putin soll trotz Haftbefehl zum G20-Gipfel nach Brasilien kommen

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02.04.2024

Mitte November treffen sich die Staatschefs der 20 wichtigsten Staaten der Erde zum G20-Gipfel in Rio de Janeiro. Plan- und turnusmäßig wird auch der russische Präsident, Wladimir Putin, am Zuckerhut erwartet. Allerdings müsste Putin dann, falls er auch nur einen Schritt auf brasilianisches Territorium setzt – laut des Internationalen Strafgerichtshofs – festgenommen werden.

Denn Brasilien hat wie 122 weitere Staaten das sogenannte Römische Statut unterschrieben. Demnach ist das südamerikanische Land laut dem Haager Tribunal theoretisch verpflichtet, Menschen, die per internationalem Haftbefehl gesucht werden, festzusetzen. Bei Putin wäre das der Fall – der Strafgerichtshof hat........

© Berliner Zeitung


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