Immer wieder hört die Job-Expertin Ulrike Strohscheer in ihren Coachings die gleichen Klagen von Frauen: Sie fühlen sich im Job nicht ernst genommen, werden überhört, übersehen, verkannt.

Das führt zu Frust und Selbstzweifeln, weiß die Expertin. In ihrem Büro in Prenzlauer Berg, aber auch online hilft sie Frauen, sich im Arbeitsalltag durchzusetzen. In der Berliner Zeitung nennt die promovierte Juristin die drei häufigsten Ursachen, weshalb Frauen im Job nicht ernst genommen werden und was sie dagegen tun können.

„Es ist ein kulturelles und gesellschaftliches Phänomen, dass Mädchen und Frauen zurückhaltender und bescheidener auftreten. Das hat viel mit der Erziehung, aber auch mit Erwartungshaltungen zu tun, den eigenen ebenso wie der von anderen“, sagt Ulrike Strohscheer.

Auch heute noch gilt es als Zier, wenn Frauen sich nicht in den Vordergrund drängen, eher leise, diplomatisch und unterstützend sind. Das wirkt sich nicht nur im Job, sondern auch in Partnerschaften und anderen sozialen Beziehungen aus. „Frauen sind noch immer bestrebt, die – vermeintlich – an sie gerichteten Erwartungen zu erfüllen und dabei nicht großartig aufzufallen“, so die Expertin.

Sie haben Angst, dass es schlecht ankommen könnte, wenn sie Forderungen aussprechen, laut und deutlich werden. Was nämlich bei Männern als „durchsetzungsstark gilt, wird bei Frauen oft als herrisch bezeichnet. Das ist negativ konnotiert, und niemand möchte so beschrieben werden“, sagt Ulrike Strohscheer.

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Frauen würden häufig „umständlicher formulieren, als Männer es tun“, sagt die Fachfrau. „Männer fassen sich kurz, sind sehr direkt. Viele Frauen hingegen ergänzen ihre Worte durch Verniedlichungen, Konjunktive, Füllwörter und Weichmacher.“ Wörter wie: eigentlich, bloß, ziemlich, könnte, würde, vielleicht. Das soll höflicher oder weniger aufdringlich klingen, wirkt aber unsicher und schwächt ihre Botschaft unnötig ab.

So sei es ein Klassiker in Meetings, dass eine Frau etwas vorschlage, dabei aber sehr bedacht formuliere und kaum Beachtung finde, so Ulrike Strohscheer. „Und wenn ein Mann das dann wiederholt, knapp, kurz und klar, erntet er Applaus.“

Das präzise Formulieren überzeugt, es vermittelt Sicherheit. Hinzu käme, dass Frauen sich viel zu oft entschuldigen würden: ‚Tut mir leid, ich habe noch eine Frage …‘ Damit schwächen sie ihre eigene Position, machen sich klein. „Warum muss man sich denn für eine Nachfrage entschuldigen, wieso sich für alles Mögliche rechtfertigen?“, fragt die Expertin.

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Viele Frauen seien „unsicher in Bezug auf die Qualität der eigenen Arbeit“, so die Coachin. „Sie stellen sich in der Regel viel stärker infrage, als Männer das tun.“ Die Gedanken vieler Frauen kreisen häufig darum, ob sie an alles gedacht haben, ob sie nicht doch einen Fehler gemacht hätten, ob sie etwas vergessen hätten. Man nennt das, in Anlehnung an das Widerkäuen aus der Biologie, auch ‚ruminieren‘.

Für die Coachin steht fest: „Wer sich selbst ständig kritisiert, geht davon aus, von anderen genauso kritisch bewertet zu werden. Und dann kann man natürlich nicht selbstsicher auftreten. Es nagt ja an einem.“ Dabei würden die meisten Fehler, die man vermeintlich bei sich selbst findet, anderen überhaupt nicht auffallen.

Anstatt sich am Ende einer Präsentation zum Beispiel zu freuen, dass so weit alles gut geklappt hat und keine weiteren Gedanken an Versprecher oder Ähnliches zu verschwenden, fokussieren sich viele Frauen sehr auf solche Kleinigkeiten und fühlen sich dadurch schlecht. Das strahlen sie dann zum Teil auch aus.

Wenn man als Frau im Berufsalltag als gleichberechtigt wahrgenommen werden will, sollte man aktiv an seiner Außenwirkung arbeiten. „Und das fängt schon damit an, dass man ein Lob mit einem einfachen ‚Danke‘ quittiert und nicht, wie viele es tun, mit einer Relativierung entgegnet“, rät Ulrike Strohscheer.

Die Expertin sagt ganz klar: „Schlucken Sie alle Abers runter!“ Verkneifen Sie sich also den Hinweis, wie leicht Ihnen die Aufgabe gefallen ist, dass es ja eine Teamarbeit war oder was auch immer Sie anführen, um dem Lob zu begegnen. Machen Sie sich nicht unnötig klein, wenn ein Lob Ihnen galt.

Außerdem sollten Sie trainieren, Füllwörter aus Ihrem Wortschatz zu verbannen. „Senden Sie kurze, prägnante Botschaften“, empfiehlt Ulrike Strohscheer. „Das wirkt stärker und selbstsicherer.“ Konkret könnten Sie sagen: ‚Ich möchte das Projekt übernehmen.‘ statt ‚Ich hätte Interesse an dem Projekt.‘

Verwenden Sie statt des Konjunktivs einen Indikativ. Das wirkt stärker, ist aber nicht unhöflich. Gleiches gilt im Hinblick auf Entschuldigungen: Aussage formulieren, Botschaft adressieren, fertig. „Viele Frauen rechtfertigen sich ständig, auch im Alltag. Sie erklären, warum sie etwas nicht schaffen“, weiß die Coachin.

Zum Beispiel: „Es tut mir leid, aber ich schaffe das heute nicht, weil ich wirklich pünktlich losmuss, um das Kind noch abzuholen. Wir haben doch einen Arzttermin.“ Besser wäre: „Ich schaffe das heute nicht und mache es morgen.“ Klare Aussage. Keine Rechtfertigung.

Das könne man schon beim Einkauf trainieren, sagt Ulrike Strohscheer: „Wenn Sie etwas nicht finden, fragen Sie danach: ‚Sagen Sie mir bitte, wo die Eier stehen.‘ und bedanken sich kurz für die Antwort anstatt ‚Entschuldigen Sie bitte, ich hätte eine Frage …‘“

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In diesem Zusammenhang sollten Sie auch überprüfen, wie Sie sich präsentieren. Haben Sie einen sicheren Stand? Auf beiden Beinen? Eine aufrechte Körperhaltung? Gucken Sie freundlich-neutral oder lächeln Sie, um zu gefallen? „Versuchen Sie aber nicht, sich zu verstellen“, so die Expertin.

Bei Jobgesprächen sollten Sie darauf achten, Raum einzunehmen. Viele Frauen lehnen sich brav zurück, legen die Hände in den Schoß, verschränken die Beine unterm Stuhl. Und Männer? „Die lehnen sich nach vorn, stützen die Arme auf den Tisch, breiten ihre Unterlagen aus. Die sind ganz anders präsent“, analysiert die Coachin. Das können Frauen sich ruhig abgucken.

„Wer Anerkennung will, muss sich gut selbst darstellen können“, sagt die Fachfrau. „Und das fängt schon damit an, wie man sich vorstellt.“ Bereiten Sie sich darauf vor und überlegen Sie sich drei bis fünf kurze Sätze, um zu sagen, wer Sie sind und was Sie machen. Das kann man dann beim Small Talk üben.

Tipp: „Schauen Sie, wie die Profis das bei LinkedIn und anderen Plattformen machen. Da gibt es gute und weniger gute Beispiele. Orientieren Sie sich an jenen, die professionell und sympathisch wirken. Schreiben Sie in Ihr eigenes Profil knackig etwas über sich selbst und halten Sie dabei mit Ihren Erfolgen nicht hinterm Berg“, rät Ulrike Strohscheer.

Eine gute Übung, die die Expertin ihren Klientinnen gern als Hausaufgabe aufgibt, ist es, ein Erfolgstagebuch zu führen und jeden Tag aufzuschreiben, was gut gelaufen ist, was man geschafft hat, worauf man stolz ist.

„Wenn Sie da nach zwei Wochen draufschauen, werden Sie überrascht sein, was Sie alles erledigt und bewältigt haben. Seien Sie stolz und nehmen Sie dieses Gefühl mit zur Arbeit“, so die Expertin. Auf diese Weise arbeiten Sie aktiv an Ihrer Selbstwahrnehmung, die wiederum Einfluss darauf hat, wie andere Sie sehen und beurteilen.

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Eine weitere Maßnahme kann sein, dass Sie (mindestens) einmal am Tag in den Spiegel gucken und sich sagen: ‚Ich bin gut, so wie ich bin!‘ Das klingt vielleicht zunächst albern und ist ungewohnt, aber die positive Wirkung wird sich trotzdem entfalten, verspricht Ulrike Strohscheer: „Nur wenn Sie selbst an sich glauben, können auch andere das tun. Das ist der Schlüssel zum Erfolg im Job.“

Wichtig ist, dass man all das eine Weile durchzieht und nicht nach ein paar Tagen abbricht. Menschen sind Gewohnheitstiere und es dauert ein bisschen, bis sich Gewohnheiten, Annahmen und Wahrnehmungen ändern. Manchmal muss man eben daran arbeiten, doch aus der Praxis weiß Ulrike Strohscheer: Es funktioniert!

QOSHE - Berliner Job-Coach: So werden Frauen im Berufsalltag ernster genommen - Nicole Schulze
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Berliner Job-Coach: So werden Frauen im Berufsalltag ernster genommen

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18.03.2024

Immer wieder hört die Job-Expertin Ulrike Strohscheer in ihren Coachings die gleichen Klagen von Frauen: Sie fühlen sich im Job nicht ernst genommen, werden überhört, übersehen, verkannt.

Das führt zu Frust und Selbstzweifeln, weiß die Expertin. In ihrem Büro in Prenzlauer Berg, aber auch online hilft sie Frauen, sich im Arbeitsalltag durchzusetzen. In der Berliner Zeitung nennt die promovierte Juristin die drei häufigsten Ursachen, weshalb Frauen im Job nicht ernst genommen werden und was sie dagegen tun können.

„Es ist ein kulturelles und gesellschaftliches Phänomen, dass Mädchen und Frauen zurückhaltender und bescheidener auftreten. Das hat viel mit der Erziehung, aber auch mit Erwartungshaltungen zu tun, den eigenen ebenso wie der von anderen“, sagt Ulrike Strohscheer.

Auch heute noch gilt es als Zier, wenn Frauen sich nicht in den Vordergrund drängen, eher leise, diplomatisch und unterstützend sind. Das wirkt sich nicht nur im Job, sondern auch in Partnerschaften und anderen sozialen Beziehungen aus. „Frauen sind noch immer bestrebt, die – vermeintlich – an sie gerichteten Erwartungen zu erfüllen und dabei nicht großartig aufzufallen“, so die Expertin.

Sie haben Angst, dass es schlecht ankommen könnte, wenn sie Forderungen aussprechen, laut und deutlich werden. Was nämlich bei Männern als „durchsetzungsstark gilt, wird bei Frauen oft als herrisch bezeichnet. Das ist negativ konnotiert, und niemand möchte so beschrieben werden“, sagt Ulrike Strohscheer.

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Frauen würden häufig „umständlicher formulieren, als Männer es tun“, sagt die Fachfrau. „Männer fassen sich kurz, sind sehr direkt. Viele Frauen hingegen ergänzen ihre Worte durch Verniedlichungen, Konjunktive, Füllwörter und Weichmacher.“ Wörter wie: eigentlich, bloß, ziemlich, könnte, würde, vielleicht. Das soll höflicher oder weniger aufdringlich klingen, wirkt aber unsicher und schwächt ihre Botschaft unnötig ab.

So sei es ein Klassiker in Meetings, dass eine Frau etwas vorschlage, dabei aber sehr bedacht formuliere und kaum Beachtung finde, so........

© Berliner Zeitung


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