So viele Jahre. So viele Fahrgäste. So viele Geschichten und so viel Geschichte. 2024 wird die Berliner S-Bahn hundert Jahre alt, und das wird gefeiert. An diesem Donnerstag wurde das Festprogramm vorgestellt – mit Ausstellungen, Führungen und anderen Events. Zu den Höhepunkten des Jubiläumsjahrs dürften die Sonderfahrten mit historischen S-Bahn-Wagen zählen, die für August geplant sind. Wer zu den Glücklichen gehören will, die Fahrkarten ergattern, sollte im Frühsommer wachsam sein.

So viele Jahre. So viele Geschichten, in denen die S-Bahn eine Rolle spielt. Die meisten Berliner können welche erzählen. Auch Romano, der Rapper aus Köpenick, der im Auftrag der S-Bahn Berlin ein Musikstück zum Jubiläum komponiert hat. „Als die Mauer fiel, war ich zwölf Jahre alt. Da bin ich mit meiner Mutter nach Frohnau gefahren, zu meiner Schwester, die 1987 einen Ausreiseantrag gestellt hatte“, erinnerte sich Roman Geike, dieser Name steht im Ausweis des 47-Jährigen, am Donnerstag.

In der Nachwendezeit unternahm Romano immer wieder Ausflüge von Köpenick in den Westen Berlins, zum Beispiel, um Figuren von Masters of the Universe zu kaufen. Es war schön, sich Konsumwünsche zu erfüllen, erzählt er. „Doch immer, wenn ich in den Osten zurückkehrte, spürte ich: Hier ist mein Zuhause.“ Auch seine Lieblings-S-Bahnstation lag im Osten Berlins: „Das war der alte Ostkreuzler Bahnhof.“ In der damaligen Form gibt es den alten Bahnhof allerdings nicht mehr. Das Ostkreuz wurde modernisiert, erstmals mit Rolltreppen und Aufzügen ausgestattet. Immerhin: Alte Säulen der Bahnsteigdächer wurden erneuert und wieder aufgebaut. „Ich mag alte Säulen. Da bin ich nostalgisch.“

So viel steht fest: Für S-Bahn-Nostalgiker gibt es in diesem Jahr viel zu erleben. Am 8. August 1924 erlebte ein neues Verkehrsmittel seine Premiere. Damals ging die erste 22 Kilometer lange Strecke, die vom heutigen Nordbahnhof nach Bernau führt, in Betrieb. Abseits der Invalidenstraße in Mitte, im damaligen Stettiner Vorortbahnhof, fuhr erstmals ein mit Gleichstrom betriebener Zug mit Fahrgästen ab. Den Namen S-Bahn und das grün-weiße Logo sollte das Verkehrsmittel erst sechs Jahre später bekommen.

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23.04.2024

Mit Höchsttempo 72 waren die AEG-Wagen, die zu Beginn noch grün lackiert waren und zwei Wagenklassen boten, 1924 bereits ein echter Fortschritt. Sie kamen auf der Premierenstrecke zwölf Minuten früher ans Ziel als die Dampfzüge. Jemand hat errechnet, dass die Dampftraktion Berlin bis dahin mit 70 Tonnen Ruß zugedeckt hat.

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„In diesem Jahr feiern wir ein besonderes Jubiläum für eine besondere Infrastruktur in der Metropolenregion Berlin-Brandenburg“, sagte Florian Graf (CDU), Chef der Senatskanzlei, am Donnerstag. „Die erste Fahrt war ein Meilenstein der technischen Innovationsgeschichte, ein erster Meilenstein der Mobilitätswende mit internationaler Strahlkraft“, so Björn Döring, dem Kurator des S-Bahn-Fests. Zusammen mit Viktor Tauber, dem Marketingchef der S-Bahn, stellten sie das Programm vor.

Der Festakt ist natürlich für den 8. August 2024 terminiert. Start ist um 13 Uhr. Gegen 14 Uhr soll der historische Zug des Vereins Historische S-Bahn GmbH mit geladenen Gästen vom Nordbahnhof nach Bernau fahren, hieß es. Doch davor und auch danach stehen viele weitere Programmpunkte für die Öffentlichkeit im Kalender. Im Zentrum steht ein viertägiges S-Bahn-Festival, das am Sonntag, dem 11. August 2024, endet.

Sonderfahrten: Für den Nachmittag des 8. August, zwischen 14 und 18 Uhr, sind bis zu acht weitere Fahrten mit der historischen S-Bahn geplant. Sie stehen allen Interessenten offen, sagte der Vereinsvorsitzende Robin Gottschlag. Genauso wie die Sonderfahrten an den folgenden Tagen. Am 9. August sollen die historischen Wagen, jeweils zwei aus den 1920er- und 1930er-Jahren, zu Touren auf der Ringbahn aufbrechen. Am 10. August stehen Fahrten zur „Elektropolis Berlin“ auf dem Programm, am 11. August steuert der Vier-Wagen-Zug mit 200 Sitzplätzen Ausflugsziele an. Fahrplan und Preise stehen noch nicht fest. Der Vorverkauf soll Ende Juni oder Anfang Juli beginnen, so Gottschlag.

Ausstellungen: Auch die Stadt Bernau, Endstation der ersten S-Bahn-Fahrt, bereitet ein Festprogramm vor. Dazu gehört eine Ausstellung zur S-Bahn-Geschichte im Kantorhaus. Klar, dass sich das S-Bahn-Museum, das im Ostbahnhof seinen Interimsstandort bezogen hat, ebenfalls dem Jubiläum widmet. Im Tränenpalast wiederum wird an die S-Bahn-Geschichte während der Teilung erinnert. Das Deutsche Technikmuseum präsentiert im August das aufgearbeitete Relikt einer S-Bahn der ersten Generation. Einen Höhepunkt für Fahrzeugfreunde gibt es bereits am 25. und 26. Mai: Dann lädt der Verein Historische S-Bahn zum Tag der offenen Tore in die Werkstatt Erkner.

Kulturprogramm: An mehreren S-Bahnhöfen gibt es während des Festivals Veranstaltungen – unter anderem am Ostkreuz, Hackeschen Markt und Nordbahnhof. Am 10. August geht es um die Rolle, die Berlin als Industriemetropole bei der Elektrifizierung der Welt spielte. „Die Rolle der S-Bahn in Elektropolis“: Unter diesem Motto lädt der Historiker und Publizist Hans-Michael Schulze zu Führungen ein. Am 11. August steht ein Familienprogramm im Kalender. Mit einem Countdown, der am 1. Mai beginnt, wird die S-Bahn Berlin auf den Jahrhunderttag 8. August einstimmen.

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Der Senat von Berlin steuert 3,5 Millionen Euro bei, sagte Florian Graf. Der Löwenanteil kommt dem Verein Historische S-Bahn zugute, der seine vier Wagen mit dem Zugsicherungssystem ZBS ausstattet. Ohne diese Technik dürfte der historische Zug nicht mehr fahren. Die Arbeiten kämen gut voran, freute sich Vereinschef Gottschlag. Bei den Stadtbahnern aus den 1920er-Wagen seien die Siemens-Techniker bereits „zu 99 Prozent fertig“. Im Mai könnten die Probefahrten beginnen. Sie finden auf dem Prüfgleis im Werk Schöneweide und voraussichtlich auf S-Bahnstrecken im Norden Berlins statt.

Auch bei den Wagen von 1938 sei man im Zeitplan, so Gottschlag. Gleichwohl werde die endgültige Zulassung durch die Technische Aufsichtsbehörde des Senats erst für 2025 erwartet. „Die Touren im August gelten als Erprobungsfahrten“, erklärte er. Danach würden die vier Wagen nicht wieder eingemottet. S-Bahn-Fans können sich auf weitere Fahrten freuen – etwa zur Messe Innotrans oder in der Adventszeit, sagte der Sprecher.

Als im vergangenen Jahr der Vorverkauf für den Weihnachtszug begann, zeigte sich, wie groß die Nachfrage ist. Die Tickets waren in Windeseile ausverkauft. Darum strebe der Verein an, den historischen Zug bis 2026 auf sechs oder acht Wagen zu erweitern. Doch für jede zusätzliche Einheit würde ein hoher sechsstelliger Eurobetrag fällig, sagte Gottschlag. Er bat um Verständnis, dass der Verein trotz ehrenamtlicher Arbeit kostendeckende Fahrpreise erheben muss. „Gratis ist das nicht zu haben“, so Gottschlag. Auch für historische Züge würden Trassen- und Stationsentgelte fällig.

QOSHE - 100 Jahre S-Bahn Berlin: Das ist das Festprogramm zum großen Jubiläum - Peter Neumann
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100 Jahre S-Bahn Berlin: Das ist das Festprogramm zum großen Jubiläum

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25.04.2024

So viele Jahre. So viele Fahrgäste. So viele Geschichten und so viel Geschichte. 2024 wird die Berliner S-Bahn hundert Jahre alt, und das wird gefeiert. An diesem Donnerstag wurde das Festprogramm vorgestellt – mit Ausstellungen, Führungen und anderen Events. Zu den Höhepunkten des Jubiläumsjahrs dürften die Sonderfahrten mit historischen S-Bahn-Wagen zählen, die für August geplant sind. Wer zu den Glücklichen gehören will, die Fahrkarten ergattern, sollte im Frühsommer wachsam sein.

So viele Jahre. So viele Geschichten, in denen die S-Bahn eine Rolle spielt. Die meisten Berliner können welche erzählen. Auch Romano, der Rapper aus Köpenick, der im Auftrag der S-Bahn Berlin ein Musikstück zum Jubiläum komponiert hat. „Als die Mauer fiel, war ich zwölf Jahre alt. Da bin ich mit meiner Mutter nach Frohnau gefahren, zu meiner Schwester, die 1987 einen Ausreiseantrag gestellt hatte“, erinnerte sich Roman Geike, dieser Name steht im Ausweis des 47-Jährigen, am Donnerstag.

In der Nachwendezeit unternahm Romano immer wieder Ausflüge von Köpenick in den Westen Berlins, zum Beispiel, um Figuren von Masters of the Universe zu kaufen. Es war schön, sich Konsumwünsche zu erfüllen, erzählt er. „Doch immer, wenn ich in den Osten zurückkehrte, spürte ich: Hier ist mein Zuhause.“ Auch seine Lieblings-S-Bahnstation lag im Osten Berlins: „Das war der alte Ostkreuzler Bahnhof.“ In der damaligen Form gibt es den alten Bahnhof allerdings nicht mehr. Das Ostkreuz wurde modernisiert, erstmals mit Rolltreppen und Aufzügen ausgestattet. Immerhin: Alte Säulen der Bahnsteigdächer wurden erneuert und wieder aufgebaut. „Ich mag alte Säulen. Da bin ich nostalgisch.“

So viel steht fest: Für S-Bahn-Nostalgiker gibt es in diesem Jahr viel zu erleben. Am 8. August 1924 erlebte ein neues Verkehrsmittel........

© Berliner Zeitung


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