Alle Zeichen stehen auf Wahlkampf, auch beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Ohne ansehnliche Plakate und Werbevideos hätte die erst Anfang des Jahres gegründete Partei aber deutlich schlechtere Chancen bei der Europawahl. Also musste eine Kampagne aus dem Hut gezaubert werden. Das BSW präsentierte das Ergebnis am Mittwoch im Berliner Mercure Hotel.

Die Mittel dafür waren trotz einiger Großspenden begrenzt. CDU und Grüne hatten vorgelegt, sie präsentierten ihre Strategie bereits vor einer Woche. Jetzt zog das BSW nach. Herausgekommen ist eine farbenfrohe Kreation.

Nicht nur der Name verrät, auf welche Person die Partei ausgerichtet ist. Auch auf den farbigen Wahlplakaten steht meist eine Person im Zentrum – Sahra Wagenknecht. Und das, obwohl die Parteichefin gar nicht ins Europaparlament will. Die Arbeit in Straßburg und Brüssel überlässt sie lieber Fabio De Masi und Thomas Geisel, den Spitzenkandidaten.

Und noch etwas fällt auf: Das BSW konfrontiert den potenziellen Wähler mit einer Reihe von Fragen.

„Krieg oder Frieden?“ steht in großen Lettern auf einem großformatigen Plakat, das auf der Pressekonferenz des BSW auf eine Leinwand projiziert wird. Oberhalb des Schriftzugs ist Wagenknecht zu sehen. Sie blickt den Betrachter durchdringend an. Die Botschaft, die dem Wähler vermittelt werden soll, ist unmissverständlich und lautet: Wofür entscheidest DU dich?

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Wer die Botschaft trotzdem nicht versteht, der muss nur den Satz darunter lesen – „Sie haben JETZT die Wahl!“ Noch deutlicher geht es kaum. Das nächste Bild erscheint auf der Leinwand. Viel hat sich nicht geändert. Wieder ist Wagenknecht zu sehen, auch die Farbgebung und das Foto sind identisch. Nur die Frage ist eine andere. „Maulkorb oder Meinung?“ „Gier oder Gerechtigkeit?“ „Ampel oder Überholspur?“

Vor der „Enthüllung“ der Kampagne betont Generalsekretär Christian Leye, dass die junge Partei „in diesem Wahlkampf als Underdog“ antreten wird. Knapp drei Millionen Euro wurden investiert, was im Vergleich zu den etablierten Parteien keine große Summe ist, wie der Schatzmeister Ralph Suikat vor einigen Woche der Berliner Zeitung sagte: Große Parteien könnten „alleine in Europawahlkämpfen Budgets von zehn Millionen zum Einsatz bringen“. Aber wäre eine Kampagne in den sozialen Medien nicht nur viel günstiger, sondern bei jüngeren Wählern auch deutlich effektiver?

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Darauf angesprochen argumentiert Wagenknecht, dass man digital und analog Wahlkampf betreibe. Dennoch setze man „auf großflächige und kleinere Plakate“. Eine etwas altmodische Herangehensweise, wenn man sich die Strategie der CDU oder der Grünen anschaut. Beide Parteien fokussieren sich in diesem Jahr auf die Plattformen Instagram und TikTok. Nicht die älteren Wähler stehen im Mittelpunkt, sondern die jungen Leute.

Ob die Rechnung des BSW aufgeht und die Plakatierung ausreicht, um möglichst viele Menschen dazu zu bewegen, ihr Kreuz beim Listenplatz 28 zu machen, wird sich zeigen.

Die Projektion auf der Leinwand verändert sich erneut, jetzt ist ein anderes Gesicht zu sehen. Fabio De Masi, Spitzenkandidat Nummer eins, ist im Kleinformat abgebildet. Die Fragen sind ebenfalls verschwunden und wurden durch den Schriftzug „Cum-Ex-Jäger“ ausgetauscht. Denn genau dafür ist der studierte Ökonom und Politiker bekannt. Für seine unermüdliche Arbeit in puncto Finanzbetrug.

Der Wahlkampfspruch des zweiten Spitzenkandidaten Thomas Geisel wirkt demgegenüber etwas austauschbar: „Frieden. Wohlstand. Für Europa.“ Das Thema Migration wird derweil vollständig ausgeklammert. „Man muss nicht jedes Einzelthema auf ein Plakat setzen, um eine Position zu haben“, erklärt Wagenknecht. Sie verweist auf das überarbeitete Programm, das auf der Website der Partei zu finden ist, und fügt hinzu: „Halten wir es für gerecht, dass es eine Art Asyllotterie gibt?“ Die Antwort lautet Nein, zumindest für das BSW.

Den Fokus auf Sahra Wagenknecht zu legen, schien den anderen Parteimitgliedern „sinnvoll“, wie sie in der Pressekonferenz anmerken. Für den Anfang mag diese Strategie aufgehen, Wagenknecht ist das Gesicht dieser Partei. Aber reicht das auf lange Sicht?

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QOSHE - BSW stellt EU-Wahlkampfkampagne vor: Ohne Sahra Wagenknecht geht es nicht - Sophie-Marie Schulz
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BSW stellt EU-Wahlkampfkampagne vor: Ohne Sahra Wagenknecht geht es nicht

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24.04.2024

Alle Zeichen stehen auf Wahlkampf, auch beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Ohne ansehnliche Plakate und Werbevideos hätte die erst Anfang des Jahres gegründete Partei aber deutlich schlechtere Chancen bei der Europawahl. Also musste eine Kampagne aus dem Hut gezaubert werden. Das BSW präsentierte das Ergebnis am Mittwoch im Berliner Mercure Hotel.

Die Mittel dafür waren trotz einiger Großspenden begrenzt. CDU und Grüne hatten vorgelegt, sie präsentierten ihre Strategie bereits vor einer Woche. Jetzt zog das BSW nach. Herausgekommen ist eine farbenfrohe Kreation.

Nicht nur der Name verrät, auf welche Person die Partei ausgerichtet ist. Auch auf den farbigen Wahlplakaten steht meist eine Person im Zentrum – Sahra Wagenknecht. Und das, obwohl die Parteichefin gar nicht ins Europaparlament will. Die Arbeit in Straßburg und Brüssel überlässt sie lieber Fabio De Masi und Thomas Geisel, den Spitzenkandidaten.

Und noch etwas fällt auf: Das BSW konfrontiert den potenziellen Wähler mit einer Reihe von Fragen.

„Krieg oder Frieden?“ steht in großen Lettern auf einem großformatigen........

© Berliner Zeitung


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