Bevor Mark Forster eines seiner berühmtesten Lieder singt, erzählt er davon, wie das ist, auf der Bühne zu stehen und zu merken, dass alle auswendig mitsingen können.

Er sagt: „Und plötzlich singen so viele Menschen die Zeilen, die ich mal irgendwann allein auf ein Blatt Papier geschrieben habe.“ Dieser Moment sei für ihn noch immer unglaublich. „Danke dafür, Berlin.“

Dann singt er: „Au Revoir“, das heißt – er singt nicht allein, sondern mit Unterstützung von „Berlin“.
Mark: Es gibt nichts, was mich hält
Berlin: Au revoir
Mark: Vergesst...
Berlin: wer ich war
Mark: Vergesst...
Berlin: meinen Namen.

Er wird oft das Publikum in der Max-Schmeling-Halle in Pankow direkt ansprechen an diesem Abend: „Hallo Berlin“, „Gehts Euch gut, Berlin?“, „Ihr seid perfekt, Berlin“. Er macht das nicht nur, weil er seine Karriere vor zwölf Jahren hier in der Stadt begonnen hat, sondern auch, weil diese Show aufgezeichnet wird. Die Tour trägt den etwas gespreizten Titel „Die unglaubliche Mark Forster Arena Tour Show“. Aber wenn sie auf irgendeinem Streamingdienst irgendwann angeboten wird, dann wird es dieser Berliner Abend sein, der für die Ewigkeit gelten soll.

Forster schafft es auf jeden Fall, eine Stimmung zu erzeugen, bei der sich Mitt-40er genauso gut aufgehoben fühlen, wie ihre Kinder. Für erstere gibt es sehr viele Referernzen auf die 90er-Jahre, in denen auch Mark Forster aufgewachsen ist und noch immer die Werbefilme von Yogurette, Bärenmarkte und Spaermint-Kaugummi im Kopf hat. Die Kinder schauen zwar etwas ratlos, als mit diesen Filmen die T-Shirts am Ausgang beworben werden. Aber sie müssen die Klamotten ja nicht bezahlen, die am Eingang verkauft werden.

Erstaunlich viele Kinder im Saal sind unter 10 Jahren und müssten ohnehin eigentlich längst im Bett sein. Für sie war auch die Vorband gedacht: Dikka, ein singendes Nashorn, fragt explizit kurz nach 20 Uhr, wie viele Kinder im Saal seien. Das Kreischen ist fast lauter als das der Erwachsenen. Bei den Kinderliedern „Party im Zoo“ und „Boom Schakalaka“ singen viele Kinder mit. Als Dikka fragt, was die Kinder werden wollen, ist ihre Antwort klar und laut und immer wieder: „Glücklich!“

•gestern

•gestern

04.04.2024

04.04.2024

•gestern

„Überraschung: Auch Greta hasst Juden“: Die Antilopen Gang und ihr Song „Oktober in Europa“

gestern

Das sind die fünf Neuen bei „The Voice of Germany“

06.06.2023

Mark Forster will wohl an diese Stimmung direkt anknüpfen und schickt für sein erstes Lied ein Double auf die Bühne. Doch nach wenigen Takten erlöst er den Doppelgänger und tritt wieder selbst auf. Weder Kinder noch Erwachsene verstehen dieses seltsame Rollenspiel am Anfang seiner Show, aber da folgt schon Hit auf Hit: „Perfekt“, „Einmal“, „Kogong“, „Flash mich“ und „Sowieso“. Bemerkenswert, dass selbst Berliner solch optimistische Zeilen auswendig mitsingen können: „Egal was kommt, es wird gut, sowieso / Immer geht 'ne neue Tür auf, irgendwo“.

Mark Forster heißt mit bürgerlichem Namen Marek Ćwiertnia, seine Mutter kommt aus Warschau. Geboren und aufgewachsen ist der Sänger in Rheinland-Pfalz, er begann seine Karriere aber in Berlin unter anderem durch das Schreiben von TV-Jingles. Der heute 41-Jährige schrieb unter anderem die Erkennungsmelodie für die „Kurt Krömer Show“ und begleitete den Berliner Comedian auf dem Klavier, bis er selbst 2012 sein eigenes Album herausbrachte. Im vergangenen Oktober erschien sein mittlerweile sechstes Album „Supervision“, von dem er unter anderem „März“ und „Genug“ an diesem Abend in der Schmeling-Halle singt.

Scooter-Frontmann H.P. Baxxter: „Berlin hat diese Mischung aus Punk, Techno und Glamour“

13.01.2024

Mark Forster bietet bewährten Pop - und überrascht

20.10.2023

Die Bühne ist dabei zumindest ungewöhnlich aufgebaut: Es gibt eine Showtreppe wie früher bei „Wetten, dass..?“. Diese führt auf eine Art Balkon, wo die Band positioniert ist. Im „Erdgeschoss“ der Bühne ist eine Art Lounge hinter Glas, wo die VIP-Gäste sitzen. Kinder und Eltern im Publikum rätseln bis zum Ende der Show, ob es nicht irgendwie unangenehm ist, die ganze Zeit auf der Bühne wie auf dem Präsentierteller zu sitzen. Noch ungewöhnlicher ist der große Videoschirm neben der Lounge. Dort laufen permanent TikTok-Videos von Skifahrern in den Bergen bis zu Seifen, die von Frauenhänden zerschnitten werden.

Doch all das tritt schnell in den Hintergrund, wenn Mark Forster mit Feuerwerk, Flammenwerfer und Kunstnebel ein Konfetti-Spektakel abfackelt. Er spielt im zweiten Teil des Konzerts „Übermorgen“, „Chöre“ sowie „Wir sind groß“. In fast allen Liedern geht es um die große Liebe, die bedingungslose, die auch schon Kinder verstehen, wenn sie Märchen gehört oder gelesen haben. Forster singt: „Der beste Mensch bist Du“ oder „Die Welt ist klein und wir sind groß“. Immer zugänglich, manchmal mit sehr umgangssprachlichen Ausdrücken. Und Berlin? Singt sehr laut mit.

Der schönste Moment des Abends ist nicht die Zugabe am Ende („Bauch und Kopf“), während der es noch einmal final Konfetti regnet und schon die ersten Väter ihr schlafendes Kind zum Auto tragen. Es ist auch nicht der seltsame Stromausfall, bei dem nur die Bühne komplett dunkel wird und bis zum Ende nicht klar wird, ob das Teil der Show sein sollte.

Sondern der schönste Moment ist der in der Mitte, als Mark Forster mal wieder so nostalgisch in die Menge von 12.000 Vätern, Müttern und Kindern vor sich schaut. Dann stimmt er leise „Drei Uhr nachts“ an, Berlin schaltet die Taschenlampen ein und singt das bekannteste Nicht-Liebeslied des Abends: „Du bist der Grund, warum ich wach bleib und nicht schlaf / Und jeder meiner Freunde grad um mich ein bisschen Schiss hat.“

QOSHE - Flammenwerfer und Stromausfall: So war das Mark-Forster-Konzert in Berlin - Sören Kittel
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Flammenwerfer und Stromausfall: So war das Mark-Forster-Konzert in Berlin

28 1
06.04.2024

Bevor Mark Forster eines seiner berühmtesten Lieder singt, erzählt er davon, wie das ist, auf der Bühne zu stehen und zu merken, dass alle auswendig mitsingen können.

Er sagt: „Und plötzlich singen so viele Menschen die Zeilen, die ich mal irgendwann allein auf ein Blatt Papier geschrieben habe.“ Dieser Moment sei für ihn noch immer unglaublich. „Danke dafür, Berlin.“

Dann singt er: „Au Revoir“, das heißt – er singt nicht allein, sondern mit Unterstützung von „Berlin“.
Mark: Es gibt nichts, was mich hält
Berlin: Au revoir
Mark: Vergesst...
Berlin: wer ich war
Mark: Vergesst...
Berlin: meinen Namen.

Er wird oft das Publikum in der Max-Schmeling-Halle in Pankow direkt ansprechen an diesem Abend: „Hallo Berlin“, „Gehts Euch gut, Berlin?“, „Ihr seid perfekt, Berlin“. Er macht das nicht nur, weil er seine Karriere vor zwölf Jahren hier in der Stadt begonnen hat, sondern auch, weil diese Show aufgezeichnet wird. Die Tour trägt den etwas gespreizten Titel „Die unglaubliche Mark Forster Arena Tour Show“. Aber wenn sie auf irgendeinem Streamingdienst irgendwann angeboten wird, dann wird es dieser Berliner Abend sein, der für die Ewigkeit gelten soll.

Forster schafft es auf jeden Fall, eine Stimmung zu erzeugen, bei der sich Mitt-40er genauso gut aufgehoben fühlen, wie ihre Kinder. Für erstere gibt es sehr viele Referernzen auf die 90er-Jahre, in denen auch Mark Forster aufgewachsen........

© Berliner Zeitung


Get it on Google Play