Die Freibäder öffnen bald und passend dazu wird es nun auch warm, aber die Frage bleibt: Wie viel Aufwand ist vor dem ersten Sprung ins Wasser in einem Bad nötig? Claudia Blankennagel von den Berliner Bäder-Betrieben vergleicht es mit der Vorbereitung für eine Familienfeier. Der Tisch ist gedeckt, das Essen im Ofen, das Eis im Kühlschrank, die Sahne geschlagen. Die Gäste kommen und nicken zufrieden. Ähnlich sei es auch bei den Freibädern: „Die Gäste wissen oft gar nicht, wie viel Arbeit hinter einem Saisonbeginn steckt“, sagt die Pressebeauftragte. Doch worauf muss überhaupt alles geachtet werden? Das soll ein Besuch im Sommerbad Mariendorf zeigen.

Ein Erpel dreht einsam im Wasser des Nichtschwimmerbeckens seine Bahnen, er tunkt seinen Kopf ins Wasser und streckt die Füße in die Höhe. Währenddessen wird am Beckenrand gründlich gefegt und gereinigt. Ein idyllisches Bild, aber das Wasser ist trüb und riecht muffig, braunes Laub schwimmt umher.

Das Chlor verfliege relativ schnell, nach drei bis vier Tagen, sagt Blankennagel. Während des Winters bleibt das Wasser im Becken, wird aber bis zum Frühling nicht nachgechlort. Sie führt über die Anlage, die für die Sommersaison auf Vordermann gebracht wird. Dieses Bad öffnet am 1. Juni, doch zum Start der Sommersaison öffnet am kommenden Wochenende schon das erste Bad am Olympiastadion – und dann nach und nach die anderen.

Hier in Mariendorf sind acht Personen im Einsatz. Weil an diesem Tag Berufsschule ist, fehlen zwei Auszubildende. „Wer hier mithilft, wird erst mal über die Schutzausrüstung und die Arbeitsmittel unterrichtet“, sagt René Froelian. Er ist seit fünf Jahren dabei – seit einem Jahr als Vize-Badleiter.

Im Sommerbad Mariendorf gibt es drei Becken, ein 50-Meter-Becken, das Nichtschwimmerbecken und ein Babybecken. Die Liegewiese ist überraschend groß. Dafür gibt es einen guten Grund. „Man sagt, dass immer ein Drittel aller Besucher gleichzeitig im Wasser sind“, sagt Blankennagel. Einmal die Woche wird gemäht.

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Das Freibad an der Rixdorfer Straße, von Berlinern „Rixe“ genannt, gibt es seit den 1950er-Jahren. Es ist eines der älteren Freibäder Berlins. Es liegt am östlichen Rand des Mariendorfer Volksparks.

Das Nichtschwimmerbecken ist nicht ganz bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt. Ein Mitarbeiter leitet einen alkalischen Reiniger ins Wasser, der mächtig schäumt. Dann fährt oben am Rand des Beckens eine Scheuermaschine entlang. Diese Reinigung ist eine akribische Arbeit, die oft tagelang dauert. Erst danach wird das Wasser mit Eimern aus dem Becken geschöpft. „Das ist alles Handarbeit“, sagt Froelian. Wenn das Becken leer ist, werden die Seitenwände und der Boden gereinigt.

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Es gibt also noch gut zu tun, bevor die ersten Gäste ins Wasser können. Am 16. April wurde mit dem 50-Meter-Becken begonnen. Das war auch nur deshalb möglich, weil einen Tag zuvor die Sauna in Lankwitz geschlossen wurde und die Mitarbeiter nun hier helfen können.

Mit Berliner Zungenschlag erzählt Froelian von den zwei Phasen der Vorbereitung. Im 50-Meter-Becken wurde bereits das Wasser abgelassen. Am Mittwoch kommt der Fliesenleger. „Wir holen vor jeder Saisoneröffnung den Fliesenleger. Er prüft, wie der Zustand der Fliesen im Becken ist“, sagt er. Die Algen werden mit einem Hochdruckreiniger und händisch von den türkisfarbenen Platten entfernt. Denn im Sommer hätten es die Algen bei starker Hitze leichter, sich auszubreiten. „Es wäre ganz schlecht, wenn sich in der Saison ein Algenteppich im Becken bildet.“

Im Hauptbecken hat sich über den Winter ein Biofilm gebildet. Dagegen werde zwar im Herbst ein „Algizid“ ins Wasser gegeben, das den Wuchs eindämmen soll. Trotzdem hat sich eine dünne Schleimschicht auf den Kacheln gebildet.

Mit einem Köcher werden tote Tiere oder Laub aus dem Wasser gefischt. Das Wasser wird dabei im Becken gelassen. „Man fällt lieber ins Dreckwasser als auf den harten Boden“, sagt Froelian. Das 50-Meter-Becken fasst etwa 2,42 Millionen Liter Wasser.

Die Vorbereitungen dauern etwa sechs Wochen, sind aber abhängig von verschiedenen Variablen. „Ohne Beprobung keine Freigabe“, sagt er. „Bis das Ergebnis für Duschen und Trinkwasser vorliegt, vergehen zwei Wochen. Es kann immer sein, dass kurz vor Beginn noch Legionellen festgestellt werden, dann leiten wir entsprechende Maßnahmen ein.“ Das Wasser müsse auf Schadstoffe geprüft werden. „Dabei geht es um die Frage, wie belastet das Wasser mit Chemikalien ist, wie beispielsweise Kupfersulfate.“ Kupfer wirkt gegen Pilze, Ungeziefer und Algen – es tötet auch die hartnäckige Schwarzalge ab. Insofern könne sich die Eröffnung auch verzögern. Es ist wie ein Domino-Effekt: Funktioniert ein Ablauf nicht, wirkt sich dieser auf die anderen aus.

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Das Team arbeitet bei Wind und Wetter auf dem 35.000 Quadratmeter großen Gelände, um rechtzeitig zu eröffnen. Froelian erzählt von einem Tag, an dem es nicht nur kalt war, sondern auch regnete und hagelte. „Die einzige Möglichkeit zum Warmhalten war, zu arbeiten“, sagt er. „Bei acht Grad und Regen haben wir unter der Sprunggrube gearbeitet. Das ist dann nichts für Schwache.“ Die Arbeit sei körperlich anstrengend: „Es ist ein Knochenjob. Man muss anpacken können.“

Im Sommer muss das Personal berlinweit neu verteilt werden, damit es in den Freibädern genügend Helfer gibt. „Das ist ein Balanceakt. Wo kann man Leute entbehren?“, erklärt Claudia Blankennagel die Prozedur. Dazu kommen noch einige Saisonkräfte hinzu, die über den Sommer angestellt sind. Die Berliner Bäder-Betriebe suchten für die Sommersaison noch 55 Rettungsschwimmer und 25 Kassierer in Vollzeit. „Bis zum Stichtag 1. Mai haben wir vier Rettungsschwimmer und 15 Kassierer eingestellt“, sagt sie. Dafür gebe es ein Vorschwimmen. „Das gilt natürlich nicht für die Kassierer“, sagen beide gleichzeitig und lachen. Auch eine Schnellausbildung zum Rettungsschwimmer könne gemacht werden.

Bei den Vorbereitungen geht es um mehr als nur um die Becken. „Es geht um Details“, sagt Blankennagel. Klopapier wird nachbestellt, es geht viel um gute Organisation. Das Gesundheitsamt und der Tüv müssen vor der Eröffnung grünes Licht geben. Der Spielplatz müsse kontrolliert werden, die Beschilderung ausgetauscht.

Die Saison beginnt am Sonnabend im Sommerbad Olympiastadion um 7 Uhr, am Montag folgt das Sommerbad Kreuzberg. Am 1. Mai öffnen das Sommerbad Am Insulaner sowie neun Strandbäder, die die Bäder-Betriebe an private Betreiber verpachtet haben. Am 4. Mai folgt das Sommerbad Wilmersdorf. Die restlichen Freibäder der Stadt öffnen sukzessive bis Mitte Juni 2024.

Hier ins Mariendorfer Sommerbad kamen im vergangenen Jahr 67.000 Besucher. Und dieses Jahr wird es wohl noch voller, denn das „Bad um die Ecke“ – das Kombibad Mariendorf – wird saniert. Nun rechnen sie hier mit etwa 50 Prozent mehr Gästen. „In jedem Bad gibt es Stammgäste“, sagt Claudia Blankennagel. „Aber wenn ein Bad wegen Sanierung schließt, entstehen Wanderungsbewegungen.“

René Froelian steckt die Hände in die Taschen, aber nur ganz kurz. Freut er sich auf den Start der Sommersaison? Er nickt, er strahlt. „Ich liebe meinen Job, die Gäste, das Schwimmen.“ Für viele Gäste sei die Freibadsaison ein „soziales Happening“, sagt er. „Ab 6.30 Uhr stehen schon die ersten Leute vor der Tür. Sie wollen die Ersten sein im Wasser.“

QOSHE - Nach der Kälte kommt die Sonne: Wie bereiten sich Freibäder auf die Saison vor? - Stella Tringali
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Nach der Kälte kommt die Sonne: Wie bereiten sich Freibäder auf die Saison vor?

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26.04.2024

Die Freibäder öffnen bald und passend dazu wird es nun auch warm, aber die Frage bleibt: Wie viel Aufwand ist vor dem ersten Sprung ins Wasser in einem Bad nötig? Claudia Blankennagel von den Berliner Bäder-Betrieben vergleicht es mit der Vorbereitung für eine Familienfeier. Der Tisch ist gedeckt, das Essen im Ofen, das Eis im Kühlschrank, die Sahne geschlagen. Die Gäste kommen und nicken zufrieden. Ähnlich sei es auch bei den Freibädern: „Die Gäste wissen oft gar nicht, wie viel Arbeit hinter einem Saisonbeginn steckt“, sagt die Pressebeauftragte. Doch worauf muss überhaupt alles geachtet werden? Das soll ein Besuch im Sommerbad Mariendorf zeigen.

Ein Erpel dreht einsam im Wasser des Nichtschwimmerbeckens seine Bahnen, er tunkt seinen Kopf ins Wasser und streckt die Füße in die Höhe. Währenddessen wird am Beckenrand gründlich gefegt und gereinigt. Ein idyllisches Bild, aber das Wasser ist trüb und riecht muffig, braunes Laub schwimmt umher.

Das Chlor verfliege relativ schnell, nach drei bis vier Tagen, sagt Blankennagel. Während des Winters bleibt das Wasser im Becken, wird aber bis zum Frühling nicht nachgechlort. Sie führt über die Anlage, die für die Sommersaison auf Vordermann gebracht wird. Dieses Bad öffnet am 1. Juni, doch zum Start der Sommersaison öffnet am kommenden Wochenende schon das erste Bad am Olympiastadion – und dann nach und nach die anderen.

Hier in Mariendorf sind acht Personen im Einsatz. Weil an diesem Tag Berufsschule ist, fehlen zwei Auszubildende. „Wer hier mithilft, wird erst mal über die Schutzausrüstung und die Arbeitsmittel unterrichtet“, sagt René Froelian. Er ist seit fünf Jahren dabei – seit einem Jahr als Vize-Badleiter.

Im Sommerbad Mariendorf gibt es drei Becken, ein 50-Meter-Becken, das Nichtschwimmerbecken und ein Babybecken. Die Liegewiese ist überraschend groß. Dafür gibt es einen guten Grund. „Man sagt, dass immer ein Drittel aller........

© Berliner Zeitung


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