Polens Parlament hat den früheren Oppositionsführer Donald Tusk zum künftigen Regierungschef bestimmt. Für den Chef der liberalkonservativen Bürgerkoalition stimmten am Montag 248 der 449 anwesenden Abgeordneten im polnischen Sejm.

Zuvor war Polens amtierender Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit seinem neuen Kabinett wie erwartet im Parlament gescheitert. Für Morawieckis nationalkonservative PiS-Regierung stimmten nur 190 der 456 anwesenden Abgeordneten. 266 stimmten dagegen.

Polen: Wird Donald Tusk zum Autokraten, um den Staat zu reformieren?

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Im polnischen Parlament äußerten sich führende Politiker der rechtsnationalen Partei PiS (Prawo i Sprawiedliwosc), bevor sie die Regierungsverantwortung abgeben mussten. Unter anderem äußerte sich der ehemalige polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak. In seiner Rede erklärte er, dass die PiS-Partei im neuen Parlament eine starke Opposition sein werde.

Er richtete auch mahnende Worte an den neuen Ministerpräsidenten Donald Tusk von der Bürgerplattform und sagte: „Wir werden nicht akzeptieren, dass demokratische Prinzipien und Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit gebrochen werden, die jetzt schon der – Donald Tusk zugeneigte – Publizist Klaus Bachmann von der Berliner Zeitung prognostiziert.“

10.12.2023

07.12.2023

10.12.2023

Gestern kam die Berliner Zeitung im polnischen Parlament besonders prominent vor. pic.twitter.com/eVvOsimdDk

Blaszczak bezog sich auf einen Gastbeitrag, der am Samstag auf den Onlineseiten der Berliner Zeitung veröffentlicht wurde. Der Beitrag wurde später von konservativen Medien in Polen aufgegriffen und verbreitet. Bachmanns Text trug den Titel: „Wird Donald Tusk zum Autokraten, um den Staat zu reformieren?“ Bachmann stellt das Dilemma von Donald Tusk dar, das darauf basiert, dass Tusk in den nächsten Monaten Polen als Ministerpräsident auf einen proeuropäischen Kurs bringen will, zugleich aber mit Gerichten, einem Staatspräsidenten und einer Verwaltung konfrontiert ist, die PiS-nah sind und seine Schritte aller Wahrscheinlichkeit nach blockieren werden. Bachmann mutmaßt in dem Text, dass Donald Tusk autokratische Mittel einsetzen müsste, um seine liberale Agenda durchzudrücken, weil die rechtsstaatlichen Reformen der PiS-Partei in den vergangenen acht Jahren so tiefgreifend ausgefallen sind.

In Bachmanns Text heißt es weiter: „Die neue Regierung steht (...) vor dem Dilemma, ob sie das staatliche Monster, das PiS acht Jahre lang erschaffen hat, fesseln und sich selbst zur Machtlosigkeit verurteilen soll oder ob sie das Monster füttern und auf die PiS-Partei hetzen soll.“ Wird Tusk die Institutionen einsetzen, um sich an der PiS zu rächen und seine liberalen Reformen mit Tricks durchzuführen?, fragt Bachmann sinngemäß in dem Text.

Die Politiker der PiS und die konservativen Medien in Polen haben in ihrer Berichterstattung und ihrer Interpretation des Textes angedeutet, dass der deutsche Journalist Klaus Bachmann, der in Warschau lebt, Donald Tusk quasi dazu aufrufen würde, illiberale Mittel einzusetzen, um Polen auf einen pro-europäischen Kurs zu bringen und somit auch der Regierung in Berlin zu gefallen. Der Medienname „Berliner Zeitung“ passt daher als rhetorisches Mittel in den Interpretationskasten der Konservativen, weil Donald Tusk immer wieder vorgeworfen wurde, deutsche Interessen zu vertreten und „von Berlin“ gesteuert zu sein. Jaroslaw Kaczynski sagte gestern passend dazu, dass er sich sicher sei, dass Donald Tusk ein deutscher Agent sei.

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QOSHE - Warum die PiS-Regierung am Ende ihrer Amtszeit auf die Berliner Zeitung verweist - Tomasz Kurianowicz
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Warum die PiS-Regierung am Ende ihrer Amtszeit auf die Berliner Zeitung verweist

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12.12.2023

Polens Parlament hat den früheren Oppositionsführer Donald Tusk zum künftigen Regierungschef bestimmt. Für den Chef der liberalkonservativen Bürgerkoalition stimmten am Montag 248 der 449 anwesenden Abgeordneten im polnischen Sejm.

Zuvor war Polens amtierender Ministerpräsident Mateusz Morawiecki mit seinem neuen Kabinett wie erwartet im Parlament gescheitert. Für Morawieckis nationalkonservative PiS-Regierung stimmten nur 190 der 456 anwesenden Abgeordneten. 266 stimmten dagegen.

Polen: Wird Donald Tusk zum Autokraten, um den Staat zu reformieren?

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Im polnischen Parlament äußerten sich führende Politiker der rechtsnationalen Partei PiS (Prawo i Sprawiedliwosc), bevor sie die Regierungsverantwortung abgeben mussten. Unter anderem äußerte sich der ehemalige polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak. In seiner Rede erklärte er, dass die PiS-Partei im neuen........

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