Am Sonntag wird Prinz Frederik den dänischen Thron besteigen. Seine Mutter, Königin Margrethe II., war nicht gerade ökologisch unterwegs: Sie hatte Zweifel daran geäußert hat, dass der Mensch für die Erwärmung des Planeten verantwortlich ist. Ihr Sohn hingegen? Der wünscht sich stärkere Maßnahmen gegen den Klimawandel. Er ist damit in guter royaler Gesellschaft.

„Ich denke, es ist wichtig für mich, eine Botschaft für andere Menschen zu haben“, sagte Frederik bereits 2010 im Interview mit der Financial Times. Das war nach einer Reise in die schmelzende Arktis, wo er mit den norwegischen und schwedischen Thronfolgern hingereist war. Er wolle „die breitere Bevölkerung davon überzeugen, dass es Veränderungen gibt und dass wir den Wandel schaffen“, so Frederik damals. Dänemark ist nicht das einzige Land in Europa, in dem die Monarchie ihren Einfluss geltend macht, um den Menschen die durch die Erhitzung des Planeten verursachten Schäden näher zu bringen.

So sagte Norwegens König Harald in seiner Neujahrsansprache, er teile die „Besorgnis und Ungeduld“ der jungen Menschen in Bezug auf den Klimaschutz. Schwedens Kronprinzessin Victoria nahm 2022 an einer Klimawissenschaftskonferenz teil. Der monegassische Fürst Albert, ein begeisterter Segler, setzt sich seit mehreren Jahren mit seiner Stiftung für den Schutz der Meere ein. Und im November sprach die spanische Königin Letizia über „Degrowth“ als Strategie zur Erreichung der Emissionsziele. Wenn schon in den Königshäusern über Postwachstum geredet wird, ist Europa dann auf dem richtigen Weg in Sachen grüne Wende?

Der laustärkste Umweltschützer unter den europäischen Monarchen ist und bleibt der britische König Charles. Seit er vor mehr als einem halben Jahrhundert vor Gefahren und Kosten der Umweltverschmutzung gewarnt hat, hat er Unternehmenslobbyisten und Klimawandelleugner angegriffen. „Das Risiko einer Verzögerung ist so groß, dass wir nicht warten können, bis wir absolut sicher sind, dass der Patient stirbt“, sagte er 2013 bei einem Treffen von Regierungsministern und Geschäftsleuten. Einige Aktivisten haben diese Rhetorik als heuchlerisch abgetan.

Könige, Königinnen, Prinzen und Prinzessinnen in Europa gehören zu den reichsten Menschen des Kontinents. Viele führen mit ihrem geerbten Reichtum einen verschwenderischen und umweltschädlichen Lebensstil. Einige von ihnen besitzen – oft durch die gewaltsamen Eroberungen ihrer Vorfahren – riesige private Landflächen, die zum Wohle der Gesellschaft einem einzigen Ziel untergeordnet werden könnten: Die grüne Lunge des Planeten zu stärken.

Und dennoch: Die „Öko-Monarchen“ genießen breite Unterstützung in der Gesellschaft.

„Ich glaube wirklich, dass das Engagement der Könige für das Klima und die Umwelt, natürlich innerhalb ihrer Grenzen, von der Mehrheit der Bevölkerung sehr positiv gesehen wird“, glaubt Jean-Pascal van Ypersele, ein Klimaphysiker an der Université catholique de Louvain in Belgien und ehemaliger stellvertretender IPCC-Vorsitzender. Van Ypersele kennt sich aus: Er hat die Königshäuser von Belgien, Schweden und Monaco hinter den Kulissen beraten bei wissenschaftlichen Fragestellungen. „Der einzige Vorbehalt, den ich hätte, betrifft die Kohärenz“, fügt er hinzu. „Der royale Lebensstil ist sehr CO₂-intensiv. Willkommene Ergänzungen zu den Sonntagsreden wären echte Verhaltensänderungen.“

Einige Royals haben sich dem Trend widersetzt, in Privatjets zu fliegen und auf Superyachten Urlaub zu machen. Auf diese Weise, so die Forscher, können sie eine viel größere Gruppe von Menschen zu einem umweltfreundlicheren Leben ermutigen.

„Eliten sind Vorbilder und haben einen großen Einfluss auf die kulturellen Normen“, so Kimberly Nicholas, Wissenschaftlerin für Nachhaltigkeit an der Universität Lund in Schweden. „Wenn man unsere Kronprinzessin in Jeans wandern sieht, auf einer Strecke, die man mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann, dann sendet das ein Signal.“ Und zwar: Das high-life kann auch low-carbon sein.

„Wenn die Menschen ihren nächsten Urlaub planen, denken sie vielleicht eher an eine Zugfahrt, um einen neuen Teil des Landes zu erkunden, als an einen Flug zu einem exotischen Strand“, so Nicholas.

Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass die Royals auch gut geeignet sind, ein älteres und patriotischeres Publikum anzusprechen. Für Menschen, die sich mit der Monarchie identifizieren, aber Wissenschaftlern und Aktivisten misstrauen, ist ein König oder eine Königin vielleicht ein überzeugenderer Botschafter für die Gefahren der Verbrennung fossiler Brennstoffe und der Zerstörung der Natur.

Norwegens König Harald zum Beispiel ist ein begeisterter Fischer, Jäger und Segler. Er und Königin Sonja haben sich einen Ruf als naturverbundene Wanderer erworben, die versuchen, die Umwelt um sich herum zu schützen. Thea Gregersen, Forscherin für Klimapsychologie am Norwegischen Forschungszentrum, sagt: „Ich denke, der König könnte helfen, ein Publikum zu erreichen, das zum Beispiel Greta Thunberg oder die grünen Parteien nicht erreichen.“

Aber Monarchen sind auch an Regeln gebunden, die sie daran hindern, politisch Stellung zu beziehen. Auch Harald ist bislang davor zurückgeschreckt, härtere Fragen zur Rolle der norwegischen Ölindustrie bei der Umweltzerstörung zu stellen. Der König sei gut darin, eine Polarisierung zu vermeiden, so Gregersen. „Die Kehrseite könnte sein, dass er nicht sehr konkret ist, wenn es um die spezifischen Maßnahmen geht, die wir ergreifen müssen, um den Klimawandel einzudämmen.“

Foto: Albert Noboer/ Picture Alliance

In den nordischen Ländern, in denen es bereits eine breite politische und öffentliche Unterstützung für Klimamaßnahmen gibt, könnte die Wirkung fader Botschaften zum Thema Umweltschutz wenig effektiv sein.

„Die Könige versuchen, spaltende Themen zu vermeiden und keine politischen Debatten auszulösen“, sagt Joachim Peter Tilsted, ein Forscher, der die Politik der Dekarbonisierung an der Universität Lund untersucht. „Angesichts des konsensorientierten Charakters der dänischen Politik und der breiten Koalition von Parteien, die die dänischen Klimaziele und das Netto-Null-Ziel für 2045 offiziell unterstützen, bezweifle ich, dass sie etwas vorantreiben werden, das über diese Stimmung hinausgehen könnte.“

Ajit Niranjan ist Umweltkorrespondent beim Guardian.

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Königlich | Grüne Monarchen: Wie europäische Royals den Klimawandel für ihre Zwecke nutzen

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13.01.2024

Am Sonntag wird Prinz Frederik den dänischen Thron besteigen. Seine Mutter, Königin Margrethe II., war nicht gerade ökologisch unterwegs: Sie hatte Zweifel daran geäußert hat, dass der Mensch für die Erwärmung des Planeten verantwortlich ist. Ihr Sohn hingegen? Der wünscht sich stärkere Maßnahmen gegen den Klimawandel. Er ist damit in guter royaler Gesellschaft.

„Ich denke, es ist wichtig für mich, eine Botschaft für andere Menschen zu haben“, sagte Frederik bereits 2010 im Interview mit der Financial Times. Das war nach einer Reise in die schmelzende Arktis, wo er mit den norwegischen und schwedischen Thronfolgern hingereist war. Er wolle „die breitere Bevölkerung davon überzeugen, dass es Veränderungen gibt und dass wir den Wandel schaffen“, so Frederik damals. Dänemark ist nicht das einzige Land in Europa, in dem die Monarchie ihren Einfluss geltend macht, um den Menschen die durch die Erhitzung des Planeten verursachten Schäden näher zu bringen.

So sagte Norwegens König Harald in seiner Neujahrsansprache, er teile die „Besorgnis und Ungeduld“ der jungen Menschen in Bezug auf den Klimaschutz. Schwedens Kronprinzessin Victoria nahm 2022 an einer Klimawissenschaftskonferenz teil. Der monegassische Fürst Albert, ein begeisterter Segler, setzt sich seit mehreren Jahren mit seiner Stiftung für den Schutz der Meere ein. Und im November sprach die spanische Königin Letizia über „Degrowth“ als Strategie zur Erreichung der Emissionsziele. Wenn schon in den Königshäusern über Postwachstum geredet wird, ist Europa dann auf dem richtigen Weg........

© der Freitag


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