Hätte ja klappen können mit der Ampelkoalition – ihr Erfolgsrezept stand im Kleingedruckten des Koalitionsvertrags: Von 2023 an die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten, und dennoch investieren – über allerhand Schattenhaushalte, also Kredite etwa der Bahn, der KfW und per Klima- und Transformationsfonds (KTF). So hatten FDP, SPD und Grüne pragmatisch ihre finanzpolitischen Gegensätze gelöst. Als Olaf Scholz nach Russlands Überfall der Ukraine zur großen Aufrüstung blies, stand dieses Modell Pate. „Sondervermögen“ klang ja auch erst mal netter als „Schattenhaushalt“.

Doch jedes Rezept verlangt bisweilen nach Anpassung – je länger der Krieg dauerte, desto deutlicher erkennbar wurde das Ausmaß, das eigene Aufrüstung und zeitgleiche Ausstattung der Ukraine verlangen, desto klarer wurde zudem, was der Verlust des Vorteils günstiger Energie für die hiesige Volkswirtschaft bedeutet – zumal, wenn etwa die USA mit niedrigen Preisen und hohen Subventionen Industriebetriebe anlocken.

Spätestens nach Karlsruhes Urteil zur von Christian Lindner verantworteten Haushaltspolitik und zum KTF wäre es Zeit für eine Anpassung gewesen.

Stattdessen führen Lindner und Scholz das Zepter eines sparenden Staates, als würde eine überhitzte Konjunktur zum Aufbau von Rücklagen einladen, als wäre dies gerade nicht eine Zeit höchster ökonomischer, sozialer, klima- und außenpolitischer Unsicherheit, als würden FDP und SPD nicht massiv an Vertrauen verlieren – wie bei Berlins Wiederholungswahl, zu deren Gewinnerinnen, allen Demonstrationen gegen sie zum Trotz, die AfD gehört.

Der Bundeschef der anderen Gewinnerin, der CDU, schlägt derweil staatlich geförderte Überstunden und gedeckelte Sozialabgaben vor. Gemessen an seiner Gesamtpartei aber ist Friedrich Merz damit auch nur ein marktradikaler Scheinriese: In Berlin fordert CDU-Mann Kai Wegner, Regierender Bürgermeister, vor Kameras Seite an Seite mit dem Grünen Robert Habeck „eine Reform der Schuldenbremse für Zukunftsinvestitionen“ und aus Sachsen-Anhalt ruft Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) mit den Worten „Was soll denn noch passieren?“ nach deren Aussetzen.

Möglich, dass er noch erhört wird. Der Ampelkoalition aber würde das kaum mehr helfen. Investitionen brauchen Zeit, bis sie wirken.

QOSHE - Meinung | Die Schuldenbremse ist das Übel der Ampelkoalition, dieser Zeit und dieses Landes - Sebastian Puschner
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Meinung | Die Schuldenbremse ist das Übel der Ampelkoalition, dieser Zeit und dieses Landes

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14.02.2024

Hätte ja klappen können mit der Ampelkoalition – ihr Erfolgsrezept stand im Kleingedruckten des Koalitionsvertrags: Von 2023 an die Vorgaben der Schuldenbremse einhalten, und dennoch investieren – über allerhand Schattenhaushalte, also Kredite etwa der Bahn, der KfW und per Klima- und Transformationsfonds (KTF). So hatten FDP, SPD und Grüne pragmatisch ihre finanzpolitischen Gegensätze gelöst. Als Olaf Scholz nach Russlands Überfall der Ukraine zur großen Aufrüstung blies, stand dieses Modell Pate. „Sondervermögen“ klang ja auch erst mal netter als........

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