Der aktuelle Arbeitskampf bei den Metallern ist eine logische Folge der schwierigen Voraussetzungen der diesjährigen Lohnrunde. Und für diese können weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer etwas.

Auch ein elfstündiger Verhandlungsmarathon am Montag hat nicht gereicht, dass sich Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter in der metalltechnischen Industrie ausreichend angenähert haben. Am Montagabend wurden die Gespräche daher abgebrochen. Nun sollen die Streiks ausgeweitet werden. In zumindest 200 heimischen Betrieben soll diese Woche die Arbeit befristet niedergelegt werden. Man sei so streikbereit wie schon lange nicht mehr heißt es aus der Gewerkschaft.

Ähnlich die Töne, die von den Arbeitgebervertretern kommen. Das Vorgehen der Gewerkschaften sei „unverhältnismäßig“, aber auch die Unternehmen seien so bereit wie schon lange nicht mehr, Streiks hinzunehmen. Und das nicht nur, weil aufgrund der schwachen Auftragslage diese derzeit wesentlich leichter zu verdauen sind als in früheren Jahren. Sondern auch, weil die Voraussetzungen heuer besonders schwierig sind.

Denn beide Seiten haben durchaus nachvollziehbare Argumente. Die Arbeitnehmervertreter orten angesichts des auf dem Tisch liegenden Angebots einen nicht hinnehmbaren Reallohnverlust bei den Arbeitern und Angestellten, da – anders als in früheren Jahren – die Inflation nicht mehr vollständig und nachhaltig abgegolten werden soll. Die Arbeitgeber wiederum sehen sich, vielfach zurecht, selbst als Opfer der Inflation. Denn auch bei ihnen sind, etwa in der Sachgüterproduktion, die Kosten gestiegen und die Margen geschrumpft. Es sei einfach unmöglich, nun eine volle Inflationsabgeltung zu bezahlen, so das Argument.

Es ist anzunehmen, dass es noch länger dauern wird, bis es zu einer Einigung kommt. Und die dabei entstehenden Kosten in Form von Streiks lasten nun zusätzlich auf der ohnehin angeschlagenen Wirtschaft. Daher ist es zumindest sinnvoll, sich noch einmal die Genese der aktuellen Situation anzusehen.

Hauptgrund für die problematische Situation ist die exorbitante Inflationsrate der vergangenen Monate. Diese wurde von verschiedenen Faktoren ausgelöst. Einer davon war der Energiepreis-Schock, den der Angriff von Wladimir Putins Russland auf die Ukraine ausgelöst hat. Dieser Zündfunke konnte aber auch deshalb einen richtigen inflationären Flächenbrand auslösen, weil der Boden zuvor schon jahrelang durch die Geldpolitik mit Brandbeschleuniger getränkt wurde. So sorgte die massive Ausweitung der Geldmenge durch die EZB hier für ein entsprechendes Umfeld.

Besonders stark erfolgte diese ja während der Coronapandemie, als Unternehmen und deren Arbeitnehmern europaweit in Form von Umsatzersatz und Kurzarbeitsgeld auch ohne zuvor erbrachte Leistungen staatliche Finanzmittel zuflossen, die mehr oder weniger direkt aus der Notenpresse der Zentralbank kamen – de facto eine reale Version des berühmten „Helikopter moneys“. Dies war zum Teil natürlich notwendig, um die Krise abzufedern, was auch gelang. Der stärkste Wirtschaftseinbruch seit dem Zweiten Weltkrieg ging an den meisten relativ spurlos vorüber.

Doch eine alte Weisheit aus der Ökonomie bewahrheitet sich leider immer: „There is no such thing as a free lunch“. Irgendwann ist der Preis für eine Krise immer zu bezahlen.

QOSHE - Keine Krise ist umsonst – bei der jüngsten kommt der Preis nun als Streiks - Jakob Zirm
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Keine Krise ist umsonst – bei der jüngsten kommt der Preis nun als Streiks

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14.11.2023

Der aktuelle Arbeitskampf bei den Metallern ist eine logische Folge der schwierigen Voraussetzungen der diesjährigen Lohnrunde. Und für diese können weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer etwas.

Auch ein elfstündiger Verhandlungsmarathon am Montag hat nicht gereicht, dass sich Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter in der metalltechnischen Industrie ausreichend angenähert haben. Am Montagabend wurden die Gespräche daher abgebrochen. Nun sollen die Streiks ausgeweitet werden. In zumindest 200 heimischen Betrieben soll diese Woche die Arbeit befristet niedergelegt werden. Man sei so streikbereit wie schon lange nicht mehr heißt es aus der Gewerkschaft.

Ähnlich die Töne, die von den Arbeitgebervertretern kommen. Das Vorgehen der Gewerkschaften sei „unverhältnismäßig“, aber auch die Unternehmen seien so bereit........

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