Der Staat wird auf dem Arbeitsmarkt zunehmend zum Konkurrenten für private Unternehmen. Das zeigte sich auch in der heurigen Lohnrunde.

Die Weihnachtsbeleuchtung hängt, die Menschen drängen zum ersten Einkaufssamstag in die Geschäfte. Aber mancherorts werden sie vor verschlossenen Türen stehen. Zum ersten Mal seit 1981 wird im Handel gestreikt, weil sich Gewerkschaft und Unternehmervertreter nicht auf einen Lohnabschluss einigen können. Hunderte Filialen bleiben zu. Die Arbeitgeber sprechen von einem „Amazon-Förderprogramm“.

In der Metallindustrie sind die Streiks beendet. Die Verhandler einigten sich am Donnerstagabend auf eine Lohn- und Gehaltserhöhung um durchschnittlich 8,6 Prozent. Niedrigere Einkommen werden stärker, höhere weniger stark erhöht. Man brauchte acht Runden, so viele wie lang nicht. Weil es nicht nur um Löhne ging, sondern um Grundsätzliches: Die Arbeitgeber wollten den gewachsenen Grundsatz durchbrechen, dass die zurückliegende Inflation immer die Unterkante für die Lohnerhöhung sein muss. Zurück zu den Wurzeln, sozusagen: Von dem früheren Gewerkschaftsboss Anton Benya, dessen Formel zum Dogma der Lohnrunden wurde, ist dieses Zitat überliefert: „Man kann aus der Wirtschaft nur so viel herausholen, wie erarbeitet worden ist.“ Was in schlechten Zeiten bedeuten würde, dass es gar keine Erhöhungen gibt.

Heuer kann von „gar nichts“ keine Rede sein. Die 8,6 Prozent sind ein Durchschnittswert. Zwei Drittel der Beschäftigten in der Metallindustrie bekommen zehn Prozent Erhöhung, mehr als die Inflation von 9,6 Prozent. Wenn es heuer einen Gewinner gibt, dann ist es die Gewerkschaft. Der Abschluss wird auch dem Handel als Vorbild gelten.

QOSHE - Wie der Staat den Metallern in die Parade fuhr - Jeannine Hierländer
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Wie der Staat den Metallern in die Parade fuhr

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01.12.2023

Der Staat wird auf dem Arbeitsmarkt zunehmend zum Konkurrenten für private Unternehmen. Das zeigte sich auch in der heurigen Lohnrunde.

Die Weihnachtsbeleuchtung hängt, die Menschen drängen zum ersten Einkaufssamstag in die Geschäfte. Aber mancherorts werden sie vor verschlossenen Türen stehen. Zum ersten Mal seit 1981 wird im Handel gestreikt, weil sich Gewerkschaft und Unternehmervertreter nicht auf einen........

© Die Presse


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