Einfamilienhäuser und „zu große“ Wohnungen werden zum politischen Feindbild.

Sie haben ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung zusammengespart, weil Sie im Alter nicht unkalkulierbaren Mietsteigerungen ausgesetzt sein wollen und bewohnen diese nun, nachdem die Kinder ausgezogen sind, allein oder zu zweit? Keine gute Idee: Sie sollten dringend an ihrem moralischen Kompass arbeiten.

Denn erstens steht Ihnen jetzt viel zu viel Wohnraum zur Verfügung, während junge Familien in zu kleinen Wohnungen darben. Also klassischer “Fehlbelag”. Und zweitens ist Einfamilienhaus klima- und raumordnungstechnisch ganz böse: Wir sagen nur Zersiedelung, Bodenversiegelung Und Energieeffizienz.

Bitte nicht lachen oder “Unsinn” murmeln: Diese Diskussion wird ganz ernsthaft in Deutschland geführt. Und sie schwappt immer öfter auf Österreich über.

Die Argumente sind nicht per se falsch. Die Zersiedelung ist tatsächlich ein Problem, rein technokratisch gesehen ist die Unterbringung von Menschen in besseren Legebatterien tatsächlich viel effizienter als in frei stehenden Häusern und die Wohnsituation wird für Viele tatsächlich immer prekärer.

Die Frage ist nur, wie man politisch an das Problem herangeht. Man kann das mit Raumordnungsreformen, Wohnbauoffensiven und Förderungen lösen. Oder den Schwächsten in der Kette den schwarzen Peter umhängen.

Beim Nachbarn diskutieren sie ernsthaft darüber, wie man ältere Menschen aus ihren “zu großen” Wohnungen und Häusern hinausbekommt, um Platz zu schaffen. Kommt billiger als Wohnungsneubau. Natürlich traut sich (noch) niemand, Zwang anzudrohen. Wenn fast die Hälfte der Bevölkerung in Wohneigentum lebt, wäre das politischer Selbstmord. Aber es geht auch anders: Man redet über stark erhöhte Grundsteuern, über strikte Sanierungsgebote, über “Nachverdichtung” mit sanftem Druck. Kurz über Maßnahmen, um vor allem finanziell nicht mehr so gut gestellte Ältere auf diese Art zum Freimachen ihrer “fehlbelegten” Immobilie zu bewegen.

Das ist, Klima hin, Wohnraumbedarf her, ein fieser Angriff auf das private Eigentum, einer der Grundsäulen unserer demokratischen Ordnung. Und ein Anschlag auf die private Altersvorsorge. Dem kann nicht früh genug entgegengetreten werden.

Mail: josef.urschitz@diepresse.com

QOSHE - Ein Angriff auf das Eigentum - Josef Urschitz
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Ein Angriff auf das Eigentum

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29.11.2023

Einfamilienhäuser und „zu große“ Wohnungen werden zum politischen Feindbild.

Sie haben ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung zusammengespart, weil Sie im Alter nicht unkalkulierbaren Mietsteigerungen ausgesetzt sein wollen und bewohnen diese nun, nachdem die Kinder ausgezogen sind, allein oder zu zweit? Keine gute Idee: Sie sollten dringend an ihrem moralischen Kompass arbeiten.

Denn erstens steht Ihnen jetzt viel zu viel Wohnraum zur Verfügung, während junge Familien in zu kleinen Wohnungen darben. Also klassischer “Fehlbelag”. Und zweitens ist........

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