Wie man Zuständigkeiten negiert und andere für die eigene Nachlässigkeit verantwortlich macht, zeigt derzeit Gesundheitsminister Johannes Rauch.


„Stay on Message“ lautet eine Grundregel der politischen Kommunikation. Bleib also bei deinem Narrativ und wiederhole es so oft wie möglich – selbst dann, wenn deinem Standpunkt die Plausibilität und Glaubwürdigkeit längst abhandengekommen ist. Wie diese Strategie in der Praxis aussieht, zeigt derzeit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Obwohl den Mangel am Corona-Medikament Paxlovid („Die Presse“ berichtete hier, hier und hier) einzig und allein sein Ministerium zu verantworten hat, versucht er, die Schuld dafür insbesondere den Apotheken zu übertragen.

„Dass solche regionalen Engpässe überhaupt auftreten konnten, ist inakzeptabel. Meldungen, wie viele Packungen von den Apotheken abgegeben wurden, waren unvollständig. Informationen über den Lagerstand in den Apotheken haben weder das Ministerium noch die Apothekerkammer“, schreibt er auf Twitter (X). Zudem stellt er in Aussicht, dass „Paxlovid spätestens ab Montag wieder flächendeckend in den österreichischen Apotheken verfügbar sein wird. Apotheken werden ab heute die bestehenden Vorräte so verteilen, dass regionale Ungleichheiten ausgeglichen werden.“ Das habe er in intensiven Gesprächen mit der Apothekerkammer erreicht.

Zusätzlich werde das Ministerium überzählige Vorräte aus Spitälern für die Apotheken verfügbar machen. Risikopatienten hätten so überall rasch Zugang zu dem Medikament, das vor einer schweren Corona-Erkrankung schützt. In den nächsten ein bis zwei Wochen werde zudem eine neue Lieferung in Österreich eintreffen. „Damit können wir die Verfügbarkeit von Paxlovid ab sofort durchgängig sicherstellen.“

Was er mit „flächendeckender Verfügbarkeit ab Montag“ meint, ist die Anordnung, dass ab sofort jede Apotheke nur eine Packung vorrätig halten darf, alle anderen sollen an den Großhandel zurückgeschickt werden, um das Medikament österreichweit gleichmäßig zu verteilen. Selbst, wenn es gelingen würde, jede Apotheke mit einer Packung auszustatten, ist es angesichts der hohen Zahl an Infektionen und folglich stark gestiegenen Nachfrage nach Paxlovid beinahe lächerlich, von einer flächendeckenden Verfügbarkeit zu reden. Denn es ist absehbar, dass Patienten immer wieder auf ihre Packung warten müssen, bis sie geliefert wird. Dabei ist es bei diesem Wirkstoff entscheidend, dass er so früh wie möglich eingenommen wird.

Diese Tatsachen ignorierend bleibt Rauch unbeirrt bei seiner Botschaft – und schließt seinen Tweet mit einer Warnung, die sich gegen alle richtet, nur nicht gegen seine eigenen Sektionen, die den derzeitigen Mangel herbeigeführt haben: „Der Bund hat Arzneimittel für zig-Millionen an Steuergeld beschafft. Apothekerkammer, Ärztekammer, Pharma-Großhandel und die weiteren Partner haben die Verteilung und Verimpfung effektiv zu organisieren. Das werde ich in den kommenden Gesprächen sehr deutlich machen.“

QOSHE - Johannes Rauch: Der fehlerfreie Minister - Köksal Baltaci
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Johannes Rauch: Der fehlerfreie Minister

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10.12.2023

Wie man Zuständigkeiten negiert und andere für die eigene Nachlässigkeit verantwortlich macht, zeigt derzeit Gesundheitsminister Johannes Rauch.


„Stay on Message“ lautet eine Grundregel der politischen Kommunikation. Bleib also bei deinem Narrativ und wiederhole es so oft wie möglich – selbst dann, wenn deinem Standpunkt die Plausibilität und Glaubwürdigkeit längst abhandengekommen ist. Wie diese Strategie in der Praxis aussieht, zeigt derzeit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Obwohl den Mangel am Corona-Medikament Paxlovid („Die Presse“ berichtete hier, hier und hier) einzig und allein sein Ministerium zu verantworten hat, versucht er, die Schuld dafür insbesondere den Apotheken zu........

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