Jeder Tag, an dem der Krieg gegen die Hamas fortgesetzt wird, schafft neues, unfassbares Leid für die Menschen in Gaza. Die kurze Atempause reichte nicht einmal, um die Zivilbevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Große Teile des Küstenstreifens sind längst Ruinenlandschaft, 80 Prozent der Bewohner mussten ihre Häuser verlassen, Tausende wurden getötet.

Viele derer, die bislang mit dem Leben davonkamen, harren irgendwo aus ohne Essen oder einen Arzt, der ihre Wunden versorgen könnte. Wut und Hass werden sie lange nicht loslassen.

Die Verantwortung für das unbeschreibliche Leid und den tausendfachen Tod sehen weite Teile der Welt bei Israel. Das ist falsch, moralisch wie juristisch. Es war von Anfang an das Kalkül der Hamas, sich unter den Menschen im Gazastreifen zu verstecken, nicht um sie als Schutzschilde zu verwenden, sondern um sie mit in den Tod zu reißen.

Denn die Terroristen wussten, dass Israel kaum eine Wahl bleibt, wenn es die Hamas im Dickicht von Gaza militärisch besiegen will. Und sie wussten, dass mit jedem toten Zivilisten der Rückhalt Israels in der Welt schwindet. Rechtlich macht die Hamas damit zivile Einrichtungen zu legitimen militärischen Zielen. Und moralisch bedeutet es, dass sie für den Tod der Menschen verantwortlich ist.

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Doch am Ende geht es mehr nicht nur darum, wer welchen Teil der Verantwortung trägt. Es geht darum, dass das Sterben so schnell wie möglich aufhören muss, aus menschlichen, aber auch aus strategischen Gründen. Jeder Tote ist ein Quell neuen Hasses. Hass ist die Währung der Hamas. Und für die arabischen Nachbarn wird es mit jedem toten Zivilisten schwerer, gemeinsam mit Israel an einer Zukunft für die Palästinenser zu arbeiten. Ohne sie wird es aber nicht gehen.

Für Israels Regierung folgt daraus eine moralische wie strategische Pflicht, Zivilisten so gut es geht zu schützen und jeden Tag neu zu prüfen, welche Ziele sie militärisch noch erreichen kann. Sobald der Krieg auch militärisch keinen Nutzen mehr bringt, lässt sich das Leid der Zivilbevölkerung nicht mehr rechtfertigen.

QOSHE - Israels Pflicht in Gaza - Alexander Haneke
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Israels Pflicht in Gaza

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01.12.2023

Jeder Tag, an dem der Krieg gegen die Hamas fortgesetzt wird, schafft neues, unfassbares Leid für die Menschen in Gaza. Die kurze Atempause reichte nicht einmal, um die Zivilbevölkerung mit dem Nötigsten zu versorgen. Große Teile des Küstenstreifens sind längst Ruinenlandschaft, 80 Prozent der Bewohner mussten ihre Häuser verlassen, Tausende wurden getötet.

Viele derer, die bislang mit dem Leben davonkamen, harren irgendwo aus ohne Essen oder einen Arzt, der ihre Wunden versorgen könnte. Wut und Hass werden sie lange nicht loslassen.

Die Verantwortung für das........

© Frankfurter Allgemeine


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