So schockierend die ersten Ergebnisse der Enquete-Kommission zum deutschen Afghanistan-Einsatz sind – überraschend kommen sie nicht. Wer wissen wollte, was beim internationalen Engagement am Hindukusch schieflief, konnte es schon vor Jahren von Fachleuten hören und in der Zeitung lesen.

Trotzdem ist es gut, den Einsatz und die politischen Mechanismen dahinter ehrlich aufzuarbeiten. Denn die Idee, dass Deutschland in anderen Weltengegenden „Verantwortung übernehmen“ soll, wird immer wieder aufkommen.

Die wichtigste Erkenntnis aus Afghanistan ist, dass man mit noch so viel gutem Willen und Ressourcen in einen Einsatz gehen und trotzdem kolossal scheitern kann.

Die zweite: Es ist alte europäische Selbstüberschätzung, zu glauben, man könne einem fernen Land die eigenen Werte und Strukturen übertragen. Afghanistan hat eigene Wertvorstellungen und politische Verfahren, die historisch gewachsen sind und von der Mehrheit als legitim empfunden wurden. Sie einfach wegzuwischen und durch westliche Ideen zu ersetzen konnte nicht gut gehen.

Als Lehre für künftige Interventionspläne gilt aber auch, dass die Unkenntnis der Verhältnisse schnell dazu führen kann, dass die „Helfer“ aus dem Westen zum Spielball lokaler Kräfte werden, die ihre persönliche Agenda verfolgen. In Afghanistan waren es die alten Warlords und neue korrupte Eliten. Im Sahel, allen voran Mali, musste sich die Bundeswehr gerade erst von Putschgenerälen vorführen lassen.

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Zu denken geben sollte aber noch ein anderer Punkt: Das eigene Scheitern einzugestehen fällt niemandem leicht. In Afghanistan hielten sich Diplomaten, Militärs und auch private Helfer viel zu lange an einem aussichtslosen Optimismus fest. Man wollte das nächste Projekt umsetzen, auf dass es vielleicht helfe. Das wird bei künftigen Missionen nicht anders sein.

Dagegen hilft nur, klare und realistische Ziele zu formulieren. In vielen Fällen heißt das: Die Welt lässt sich durch eine Intervention aus der Ferne nicht verbessern.

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Mit Ansage gescheitert

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20.02.2024

So schockierend die ersten Ergebnisse der Enquete-Kommission zum deutschen Afghanistan-Einsatz sind – überraschend kommen sie nicht. Wer wissen wollte, was beim internationalen Engagement am Hindukusch schieflief, konnte es schon vor Jahren von Fachleuten hören und in der Zeitung lesen.

Trotzdem ist es gut, den Einsatz und die politischen Mechanismen dahinter ehrlich aufzuarbeiten. Denn die Idee, dass Deutschland in anderen Weltengegenden „Verantwortung übernehmen“ soll, wird immer wieder aufkommen.

Die wichtigste Erkenntnis aus Afghanistan ist, dass man mit........

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