Wie es um den Kanzler und die Koalition bestellt ist, zeigte in der jüngsten Taurus-Debatte im Bundestag der Satz des SPD-Fraktionschefs Rolf Mützenich: „Meine Fraktion schafft dem Kanzler den Raum für Besonnenheit.“ Das war nicht nur gegen die CDU/CSU-Opposition gerichtet, sondern mehr noch gegen die Koalitionspartner, die Mützenich nicht minder in den Senkel stellte.

Grüne und FDP fügten sich abermals dieser Zuchtmeisterei, auch wenn ihre Redner dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur sofortigen Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine nichts entgegensetzen wollten. Nur die Truppe AfD-Linke-Wagenknecht stand fest an der Seite Mützenichs.

In seiner Rede hisste der Fraktionschef vollends die weiße Flagge des Wahlkampfs. Er schwor seine Partei, aber auch den Kanzler, nicht etwa auf die Lehren aus der Vergangenheit ein, sondern auf die Irrtümer der SPD in der Sicherheits- und Russlandpolitik. Nicht Waffenlieferungen seien es, die zählten, polterte er, sondern die Humanität der deutschen Flüchtlingshilfe. Kein Wort verlor Mützenich darüber, wie diesen Flüchtlingen wieder eine Perspektive zur Rückkehr in ihre (okkupierte) Heimat eröffnet werden könnte. Das wäre wirklich human.

Stattdessen empfahl er angebliche Vorzüge eingefrorener Kriege. Den Papst mit dessen Rat an die Ukraine, die Waffen zu strecken, wollte er deshalb nicht vorbehaltlos kritisieren. Die SPD wandelt damit wieder auf dem abschreckungslosen Pfad nach der Annexion der Krim. Das war damals eine fatale Fehlentscheidung und ist es heute erst recht.

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Das Spiel mit Ängsten vor dem nu­klearen Armageddon, das auch Mützenich nicht lassen konnte, ist Putins Spiel. Rücksicht darauf zu nehmen mag als Besonnenheit gelten. Wirklich besonnen wäre, vom Ende her zu denken. Fühlt sich Putin abermals ermutigt, rücken dieser Krieg und künftige Konflikte nicht von Deutschland weg, sondern näher heran. Das gehört nur leider zu dem Wissen, mit dem der Kanzler und die SPD nicht in die Öffentlichkeit gehen wollen. Schon gar nicht in die Wahlkämpfe.

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Die weiße Flagge der SPD

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15.03.2024

Wie es um den Kanzler und die Koalition bestellt ist, zeigte in der jüngsten Taurus-Debatte im Bundestag der Satz des SPD-Fraktionschefs Rolf Mützenich: „Meine Fraktion schafft dem Kanzler den Raum für Besonnenheit.“ Das war nicht nur gegen die CDU/CSU-Opposition gerichtet, sondern mehr noch gegen die Koalitionspartner, die Mützenich nicht minder in den Senkel stellte.

Grüne und FDP fügten sich abermals dieser Zuchtmeisterei, auch wenn ihre Redner dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur sofortigen Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine........

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