Es ist in der Tat so, wie die Grünenvorsitzende Ricarda Lang sagt, dass man sich an Zustände wie die in Biberach oder Schorndorf, wo Grünenveranstaltungen behindert oder ganz verhindert wurden, in einer Demokratie nicht gewöhnen darf. Und auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat recht, wenn sie sagt, dass „Grenzen massiv überschritten“ würden, wenn politische Veranstaltungen durch Gepöbel und Gewalt verhindert würden, wenn Polizisten angegriffen und Steine geworfen würden. Sie werden sich allerdings auch die Frage stellen müssen: Wie kam der Geist aus der Flasche?

Landwirte, die in Biberach, Schorndorf und anderswo am Werk waren, hatten sich offenbar Frankreich zum Vorbild genommen, wo gegen die Staatsgewalt und deren Repräsentanten mitunter robuster protestiert wird als in Deutschland. Das Versammlungs- und Demonstrationsrecht darf aber weder dort noch hier dazu dienen, um gewaltsam gegen Polizisten vorzugehen oder Versammlungen des politischen Gegners zu verhindern. Deren Rechte müssen – zur Not mit staatlicher Gewalt – durchgesetzt werden. Ein Zurückweichen wie in Biberach ist weniger als eine Verlegenheitslösung. Deeskalation ist gut, Kapitulation aber nicht.

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Hinter den Reaktionen der Grünen steckt hoffentlich auch ein Lernprozess. Veranstaltungen zu stören, Zufahrten zu blockieren, Polizisten zu attackieren, Steine zu werfen – das alles gehörte zum Repertoire ihrer verklärten Jugendjahre. Veteranen wie Claudia Roth und Jürgen Trittin zittert heute noch die Stimme, wenn sie ergriffen über ihre Abenteuereinsätze in den siebziger und achtziger Jahren erzählen.

Für eine gute Sache? Wie sich mittlerweile herausgestellt hat, waren doch recht viele Irrtümer darunter. Haben sich die Tabubrüche von damals gelohnt? Geblieben ist der politische Nervenkitzel, wo “gute“ Gewalt beginnt und “böser“ Widerstand enden muss. Damals hätten sich die Grünen wohl nicht träumen lassen, dass es ihnen eines Tages so ergehen könnte wie Franz Josef Strauß. Vielleicht können sie von ihm lernen, wie es ist, zum Feindbild erkoren zu werden.

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Lernen von Franz Josef Strauß

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16.02.2024

Es ist in der Tat so, wie die Grünenvorsitzende Ricarda Lang sagt, dass man sich an Zustände wie die in Biberach oder Schorndorf, wo Grünenveranstaltungen behindert oder ganz verhindert wurden, in einer Demokratie nicht gewöhnen darf. Und auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat recht, wenn sie sagt, dass „Grenzen massiv überschritten“ würden, wenn politische Veranstaltungen durch Gepöbel und Gewalt verhindert würden, wenn Polizisten angegriffen und Steine geworfen würden. Sie werden sich allerdings auch die Frage stellen müssen: Wie kam der Geist aus der........

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