Die neue Partei, die Sahra Wagenknecht um sich versammelt, trifft offenbar einen Nerv. Das liegt nicht nur an ihrer Hauptfigur. Wer von der Linkspartei herkommt, gleichzeitig unumwunden zugibt, ein Stück vom wachsenden Kuchen der AfD abhaben zu wollen, bewegt sich irgendwo jenseits von Gut und Böse. Die Unzufriedenheit, die dort, im verwahrlosten Garten der alten Volksparteien, seit Langem herrscht, bekommt immer neue Schübe.

Sie bezieht sich mittlerweile auf die identitätspolitische Agenda der Linken, die klimapolitische Engstirnigkeit der Grünen oder auf die völkische Systemfeindschaft der Rechten. Noch ist die neue Mischung schwer zu definieren. Nur mit „Populismus“ wird man ihr indessen nicht gerecht.

Ist sie überhaupt so neu? Im Gründungsmanifest der Partei ist viel SPD zu erkennen, auch CDU, selbst Spurenelemente der FDP. Nur in der Russlandpolitik schert der Wagenknecht-Pazifismus in Richtung Linkspartei und AfD aus. Hatte Friedrich Merz also recht, als er sagte, eine solche Partei brauche niemand?

Wagenknecht und ihre Mitstreiter treten mit dem durchaus realistischen Anspruch auf, nicht nur – wie jede Partei – die deutsche Politik, sondern „das bundesdeutsche Parteienspektrum grundlegend zu verändern“. Wenn es nur darum ginge, wie Hans-Georg Maaßen den AfD-Wellenreiter zu spielen, könnte man die Parteigründung Wagenknechts als „linke AfD“ schnell abhaken. Sie ist aber zugleich eine rechte SPD, eine Alternative zur CDU und eine Protestpartei ohne den Mief des Extremismus.

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Ob daraus tatsächlich ein Sammelbecken mit Substanz entsteht, hängt vom Organisationstalent der Parteigründer ab. Aber auch davon, ob die neue Partei gebraucht wird und ob sie gebraucht werden will. Ob ausgerechnet die CDU mit ihr nichts an­zufangen weiß, wird sich noch erweisen. Mancher Landesverband im Osten sucht sehnlichst nach einem Koalitionspartner jenseits von SPD, FDP, Grünen, Linkspartei und AfD. Vielleicht wird Merz noch einmal umdenken müssen.

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Nicht nur AfD-Wellenreiter

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08.01.2024

Die neue Partei, die Sahra Wagenknecht um sich versammelt, trifft offenbar einen Nerv. Das liegt nicht nur an ihrer Hauptfigur. Wer von der Linkspartei herkommt, gleichzeitig unumwunden zugibt, ein Stück vom wachsenden Kuchen der AfD abhaben zu wollen, bewegt sich irgendwo jenseits von Gut und Böse. Die Unzufriedenheit, die dort, im verwahrlosten Garten der alten Volksparteien, seit Langem herrscht, bekommt immer neue Schübe.

Sie bezieht sich mittlerweile auf die identitätspolitische Agenda der Linken, die klimapolitische Engstirnigkeit der Grünen oder........

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