Eine dicke Lippe riskieren – das wollte man beim Thienemann Verlag nicht mehr. Also hat man Michael Endes Kinderbuchklassikern „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ und „Jim Knopf und die Wilde 13“ nach mehr als sechzig Jahren umarbeiten lassen, denn die Freundschaftsgeschichten um das schwarze Findelkind Jim, das zunächst zusammen mit seinem Pflegevater Lukas das mehrheitlich weiß bevölkerte Königreich Lummerland verlässt, um den dortigen sozialen Druck zu mildern, und dann im Folgeband zwangsverschleppte Kinder aus aller Welt befreit, ist zwar in Zeiten glo­baler Mi­gration und grassierenden Rassismus aktuell wie nie, aber der damals noch werdende Erfolgsautor Ende verwendete in seinen Büchern Be­griffe, die heute als diskriminierend diskreditiert werden.

Sie zu tilgen, war bequem, auch wenn dabei Endes eigene Kritik an deren Gebrauch gleich mit getilgt wurde (so spricht nur der negativ charakterisierte „Untertan“ Herr Ärmel den kleinen Jim direkt als „Neger“ an). Um dem Vorwurf von Klassikerverfälschung zu entgehen, holte der Verlag die Einwilligung der Erben Michael Endes ein – und auch die von Jan Peter Tripp, des Sohnes von Franz Josef Tripp, dessen Illustrationen zu den Büchern das kollektive deutsche Kindergedächtnis an „Jim Knopf“ mindestens so sehr geprägt haben wie Endes Text und nun in beiden Büchern retuschiert wurden.

QOSHE - Auf Linie gebracht - Andreas Platthaus
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Auf Linie gebracht

8 1
25.02.2024

Eine dicke Lippe riskieren – das wollte man beim Thienemann Verlag nicht mehr. Also hat man Michael Endes Kinderbuchklassikern „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ und „Jim Knopf und die Wilde 13“ nach mehr als sechzig Jahren umarbeiten lassen, denn die Freundschaftsgeschichten um das schwarze Findelkind Jim, das zunächst........

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