Traditionell präsentiert sich die Bio-Lebensmittelbranche auf ihrer Weltleitmesse Biofach von ihrer besten Seite. Lobbyisten schwärmen, dass Umsätze im Handel steigen und die Ökofläche in Deutschland wächst. Tatsächlich ist es gelungen, Bio in der Nische zu etablieren und zahlungskräftige Käuferschichten zu erschließen. Doch wie im gesamten Lebensmittelbereich war das Umsatzwachstum zuletzt fast ausschließlich preisgetrieben, während die verkauften Mengen kaum zunahmen. Der Gewinner ist bei Bioprodukten vor allem der Discount.

Das zeigt, dass selbst hier der Preis entscheidet: Man mus sich Bio leisten können. Bei hoher Inflation landet eben weniger Demeter-Gemüse oder Bioland-Fleisch im Einkaufskorb. Zwar dürfte die Branche weiter wachsen, aber nicht aus ihrer Nische herauskommen. Besonders groß ist die Kluft für Fleisch. Hier beträgt der Marktanteil verschwindend geringe 2 Prozent. Dabei steht Fleisch aus konventioneller Haltung immer wieder auch zu Recht in der Kritik – und die Verbraucher hätten an der Ladentheke längst die Wahl. Der große Umschwung zu Bio ist aber unwahrscheinlich, auch wenn Verbraucher etwa Biokäse oder Biohafermilch häufiger kaufen.

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Dennoch hält die Bundesregierung an Bio als Leitbild fest: Bis 2030 soll ein Drittel der Flächen in Deutschland ökologisch bewirtschaftet werden. Dafür müsste die heutige Fläche fast verdreifacht werden. Das ist utopisch. Viele Landwirte zögern – kein Wunder, denn Biokartoffeln anzubauen oder Bioschweine zu halten ist deutlich teurer, die Erträge oft geringer, und wer mit der Hacke über das Feld fährt, hat einen höheren Arbeitsaufwand. Dass muss sich rechnen. Und wer seinen Betrieb auf Bio umstellt, tut das nur wohlüberlegt, denn der Prozess dauert Jahre.

Nicht zuletzt muss dafür zunächst einmal die Nachfrage gesichert sein. In einem kleinen Marktsegment wie diesem kann es schneller zu Überangeboten kommen. Will Bio in der Breite erfolgreich sein, muss es zwangsläufig wirtschaftlicher werden. Das bedeutet: produktiver werden, Kosten senken und neue Märkte erschließen – auch im Ausland. Statt die Gräben zu vertiefen, würde es beiden Seiten helfen, näher zusammenzurücken. Konventionelle Bauern könnten einiges von ihren Biokollegen lernen – und umgekehrt. Am Ende müssen sich beide Seiten den Herausforderungen in einem dynamischen Umfeld stellen.

QOSHE - Bio bleibt Nische - Anne Kokenbrink
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Bio bleibt Nische

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14.02.2024

Traditionell präsentiert sich die Bio-Lebensmittelbranche auf ihrer Weltleitmesse Biofach von ihrer besten Seite. Lobbyisten schwärmen, dass Umsätze im Handel steigen und die Ökofläche in Deutschland wächst. Tatsächlich ist es gelungen, Bio in der Nische zu etablieren und zahlungskräftige Käuferschichten zu erschließen. Doch wie im gesamten Lebensmittelbereich war das Umsatzwachstum zuletzt fast ausschließlich preisgetrieben, während die verkauften Mengen kaum zunahmen. Der Gewinner ist bei Bioprodukten vor allem der Discount.

Das zeigt, dass selbst hier der Preis entscheidet: Man mus sich Bio leisten........

© Frankfurter Allgemeine


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