Und jetzt auch noch die Rennrodler? Talfahrt einer Sportart, die keine so beherrschen wie die Deutschen. Pardon, beherrschten. Am Wochenende fuhren die Österreicher mit der Nachbarschaft Schlitten bei der WM in Altenberg: vier Goldmedaillen, vorbeigezogen an der Macht im Eiskanal. Wie ist das möglich innerhalb eines Jahres? 2023 zogen die Deutschen mit acht von neun möglichen WM-Siegen nach Hause.

Die populärste Antwort führt zum Urdeutschen aller Rennrodler, zum Hackl Schorsch, der Galionsfigur bayrischer Prägung auf Kufen. Hatte es der dreimalige Olympiasieger doch gewagt, ins Ausland zu wechseln, naheliegend, aber schmerzend, nach Österreich. Schon ging es in rauschendem Tempo zu Tal – zum Erfolg. So sieht es aus der Distanz aus. Weil Hackl auch nach seiner Karriere wusste, was in einem Rennrodel zu stecken hat und wie der Nachwuchs zu beschleunigen ist.

Also Anschub aus Bayern? Aus Sicht der Österreicher lief es anders. Sie haben ihr „Material“ auf den höchsten Stand gebracht mit großen Investitionen auch dank des Finanzministeriums. Zu einem Schlitten-Meister, dem die Athleten in Altenberg dankten, kam ein Landsmann, der eine Art Röntgenblick für Rennrodel besitzt. Weil er zuvor beim Weltverband arbeitete, jeden Untersatz der Konkurrenz in Einzelteilen sah. In der Formel 1 hätte es eine Arbeitssperre auf Zeit gegeben. Unter den Rodlern gab es nicht viel mehr als ein bisschen Unmut.

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Glückliches Österreich? Cleveres Österreich! Das zeichnet auch den Hackl Schorsch aus. Weil er dank seines Durchblicks schnell sieht, wo es gut läuft oder bald laufen wird. Lumpen lassen sich die Österreicher auch nicht mehr, wenn es um die Dotierung von Verträgen geht. Gute Angebote machen die Runde. Sie führen zu einer Stärkung des eigenen Teams – und im Umkehrschluss mitunter zu einer Schwächung der Konkurrenz.

Die ist nicht dramatisch. Der Weltmeister der Männer, der Thüringer Max Langenhan, ließ niemandem den Hauch einer Chance. Andere Deutsche scheiterten eher an ihren Nerven. Ihre Schlitten liefen, wie sich am Sieg in der Teamstaffel erkennen ließ. Drei WM-Titel für die Deutschen sind zwar fünf weniger als vor Jahresfrist, aber gut für die Entwicklung des Sports innerhalb und außerhalb deutscher Grenzen. Er ist spannender geworden.

QOSHE - Cleverness auf Kufen - Anno Hecker
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Cleverness auf Kufen

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30.01.2024

Und jetzt auch noch die Rennrodler? Talfahrt einer Sportart, die keine so beherrschen wie die Deutschen. Pardon, beherrschten. Am Wochenende fuhren die Österreicher mit der Nachbarschaft Schlitten bei der WM in Altenberg: vier Goldmedaillen, vorbeigezogen an der Macht im Eiskanal. Wie ist das möglich innerhalb eines Jahres? 2023 zogen die Deutschen mit acht von neun möglichen WM-Siegen nach Hause.

Die populärste Antwort führt zum Urdeutschen aller Rennrodler, zum Hackl Schorsch, der Galionsfigur bayrischer Prägung auf Kufen. Hatte es der dreimalige Olympiasieger doch gewagt, ins Ausland zu wechseln, naheliegend, aber........

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