Es gab Zeiten, da schrie ein Abteilungsleiter Sport des Bundesinnenministeriums, wenn er nur den Namen Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) hörte, so erregt und zornig ins Telefon, dass ein sehr smartes Smartphone die Lautstärke runterpegelte. Zum Wohle interessierter wie amüsierter Zuhörer. Die Zeit der lauten, dissonanten Töne, der gegenseitigen Vorwürfe, vor allem in der Disziplin Inkompetenz zu glänzen, endete mit dem Rückzug von Alfons Hörmann als DOSB-Präsident.

Sein Nachfolger Thomas Weikert verstand es, die Vertrauenskrise im eigenen Haus, den handfesten Streit mit der Regierung und den offenen Schlagabtausch mit dem Internationalen Olympischen Komitee zu beenden. Vor allem dank seiner Konzilianz, die weit über Versöhnung hinaus reicht.

Inzwischen sind sie nicht mehr so nett beim DOSB. Von Brüllerei ist zwar nicht die Rede. Aber die Ablehnung von gleich zwei Referentenentwürfen aus dem Haus der Bundesinnenministerin Nancy Faeser zum großen Thema Sportentwicklung und zur längst überfälligen Spitzensportreform durch den DOSB dokumentiert nicht nur einen großen Riss, sondern auch einen gewaltigen Unmut.

Spitzenverband und Bundesinnenministerium liegen in den wesentlichen Fragen zur Zukunft des organisierten deutschen Sports weit auseinander. Sie werfen sich gegenseitig vor, daran schuld zu sein. Vermutlich ist manchen, ob nun im Regierungsviertel oder in der Frankfurter DOSB-Zentrale, gerade zum Schreien zumute.

Allseits betroffen zu schweigen wäre für beide Partein angemessen angesichts dieser fatalen Niederlage in der zweifellos komplexen Kunst der Sportpolitik. Das Zerwürfnis fügt vor allem dem Sport, wer auch immer die Verantwortung dafür trägt, einen schweren Schaden zu.

Die Phase der Ignoranz während der Pandemie, als die Regierung konstruktive, gut umsetzbare Bewegungsprogramme für Kinder und Senioren ohne Infektionsgefahr weitgehend ignorierte, schien überwunden. Nicht zuletzt, weil der DOSB-Führung ob ihrer SPD-Nähe ein direkter Draht ins Machtzentrum nachgesagt wurde. Wenn es ihn gab, so muss er gekappt sein. Berlin entscheidet in wesentlichen Sportfragen nun nach eigenem Gusto.

Die Mitgliedsverbände des DOSB mögen in den nächsten Tagen den Widerstand des Dachverbandes, erstmals fletscht er die Zähne, goutieren. Der organisierte Sport wird nach außen hin Zusammenhalt signalisieren, auf die Ampel schimpfen, an ihrer Verlässlichkeit zweifeln, über einen Bürokratiezuwachs klagen und Abstimmung auf Augenhöhe fordern. Aber intern rumort es längst.

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Gewaltiger Unmut

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04.03.2024

Es gab Zeiten, da schrie ein Abteilungsleiter Sport des Bundesinnenministeriums, wenn er nur den Namen Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) hörte, so erregt und zornig ins Telefon, dass ein sehr smartes Smartphone die Lautstärke runterpegelte. Zum Wohle interessierter wie amüsierter Zuhörer. Die Zeit der lauten, dissonanten Töne, der gegenseitigen Vorwürfe, vor allem in der Disziplin Inkompetenz zu glänzen, endete mit dem Rückzug von Alfons Hörmann als DOSB-Präsident.

Sein Nachfolger Thomas Weikert verstand es, die Vertrauenskrise im eigenen Haus, den handfesten Streit mit der Regierung und den offenen Schlagabtausch mit dem Internationalen Olympischen Komitee zu beenden. Vor allem dank seiner Konzilianz, die weit über Versöhnung........

© Frankfurter Allgemeine


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