Der 1. FC Köln soll 595.000 Euro bezahlen, weil sich Fans des Fußball-Bundesligaklubs beim Heimspiel gegen Mönchengladbach als Feuerwerker inszenierten. Ihre Fähigkeiten, das erscheint fast amüsant, sind begrenzt. Sie schossen außergewöhnlich viel Pyrotechnik unter das Dach, von dort fiel sie brennend herab. Eigentlich ist der Spaß für Zündler mit Erleuchtungsdrang verboten.

An dieser Stelle hört er ganz sicher auf. Selbst die Vereinsführung, ihrer Klientel zugeneigt, sieht eine rote Linie überschritten. Davon lässt sich die hohe Strafe des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ableiten. Aber hilft sie, die Gefährdung von Leib und Leben für Zuschauer zu stoppen?

Die drakonische Strafe ist auch Ausdruck einer Ohnmacht. Was immer bisher unternommen wurde, nichts führte zu einem akzeptablen Ergebnis. Auch der interessante Versuch, einen verhinderten Feuerwerker zur Kasse zu bitten mit vielen Tausend Euro, scheitert immer wieder; meistens an der Vermummung. Die Vereine klagen nicht zu Unrecht, ausgeliefert zu sein.

Hier dem Druck etwa des DFB, der Polizei, der Öffentlichkeit und dort dem von rücksichtslosen Fans, die immer einen Weg finden. Ein Stadion ist so löchrig wie ein Schweizer Käse. Viele Menschen sind, ob nun mit oder ohne Bezug zum Klub, bereit, Pyrotechnik einzuschmuggeln. Woche für Woche fliegt den Vereinen das Problem um die Ohren. Es ist unter diesen Umständen nicht zu kontrollieren und schon gar nicht sofort abzustellen.

Daran tragen die betroffenen Vereine eine Mitschuld. Sie erkaufen sich die wunderbare, ergreifende Stimmung an Tagen ohne verpestende, gefährliche Verbrenner mit einer teils fatalen Freizügigkeit. Das Selbstverständnis einer kleinen Gruppe einflussreicher Ultras reicht längst bis zur Verteidigung ihrer Kurve gegen Ordner und Polizei – mit Gewalt. Wenn Vereinschefs inzwischen plausibel erklären, ein Polizeieinsatz in einer Kurve bei Gefahr in Verzug führe zu einer Eskalation, dann ist es Zeit, zu handeln: Raus mit den radikalen Ultras, mit allen heranwachsenden Gewaltfreaks, ob sie nun eine Fahne schwenken oder allein des Spektakels wegen Randale suchen.

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„Personalisierte“ Karten mögen ein Mittel sein, wahrscheinlich auch eine intensivere Verfolgung der Täter durch Verein und Staat samt einer empfindlichen Bestrafung. Wer der Szene aber die Basis entziehen will, muss ihr vor allem den Spielplatz nehmen, Steh- gegen Sitzplätze tauschen. Das setzt eine Opferbereitschaft voraus und die Fähigkeit, der Wut unter den Radikalen, mag sie dann auch handfest sein, standzuhalten für eine absehbare Zeit.

Zu einem Stimmungskiller für alle Zeiten wird es nicht kommen. Die Engländer verboten Stehplätze über 28 Jahre bis ins vergangene Jahr hinein, das dämpfte den Trubel. Aber trotzdem schaut die Welt fasziniert auf die Atmosphäre in ihren Stadien. In der Regel reicht es, gut Fußball zu spielen.

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Raus mit den Radikalen

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13.12.2023

Der 1. FC Köln soll 595.000 Euro bezahlen, weil sich Fans des Fußball-Bundesligaklubs beim Heimspiel gegen Mönchengladbach als Feuerwerker inszenierten. Ihre Fähigkeiten, das erscheint fast amüsant, sind begrenzt. Sie schossen außergewöhnlich viel Pyrotechnik unter das Dach, von dort fiel sie brennend herab. Eigentlich ist der Spaß für Zündler mit Erleuchtungsdrang verboten.

An dieser Stelle hört er ganz sicher auf. Selbst die Vereinsführung, ihrer Klientel zugeneigt, sieht eine rote Linie überschritten. Davon lässt sich die hohe Strafe des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ableiten. Aber hilft sie, die Gefährdung von Leib und Leben für Zuschauer zu stoppen?

Die drakonische Strafe ist auch Ausdruck einer Ohnmacht. Was immer bisher unternommen........

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