Die Fraktionschefs von CDU und CSU hatten nicht erwarten können und als alte parlamentarische Hasen sicher auch nicht damit gerechnet, dass ihr Entschließungsantrag zur Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine eine Mehrheit im Bundestag bekommt.

Dazu hätten Abgeordnete der Ampel-Parteien in Scharen zur Opposition überlaufen müssen. Dann wäre Scholz aber nicht nur als Zauderer dagestanden, sondern als Kanzler ohne Mehrheit, und mancher Abgeordneter nach der Neuwahl, die solchen Verhältnissen üblicherweise über kurz oder lang folgt, ohne Mandat.

Da bissen selbst jene in der FDP und bei den Grünen, die Scholz in dieser Frage lautstark kritisieren, die Zähne zusammen und stimmten gegen das, was sie selbst seit Monaten vom Kanzler verlangen. Wer sich aus Koalitionsräson so verhält, sollte freilich vorsichtiger mit dem Vorwurf sein, der Union sei es nur um machtpolitische Spielchen gegangen.

Strack-Zimmermann nannte es „geradezu unanständig“, den Entschließungsantrag nach dem Bericht der Wehrbeauftragten zu stellen. Unanständig? Das könnte man dann wohl auch die Weigerung nennen, den Taurus-Antrag zu behandeln, den die Union schon im vergangenen November vorgelegt hatte.

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Hofreiter, der Merz vorwarf, es gar nicht ernst mit der Ukraine zu meinen, gab in seiner Begründungsnot immerhin zu, dass die Grünen, als sie selbst in der Opposition gewesen seien, auch zu solchen Mitteln gegriffen hätten. Entschließungsanträge sind dazu da, Positionen zu verdeutlichen und die Regierung aus dem Bundestag heraus zu einer Änderung ihrer Politik aufzufordern. Den Kanzler hat die Union mit ihrem jüngsten Vorstoß (noch) nicht in die Bredouille bringen können, wohl aber die Ampel-Politiker, die sich in Sachen Taurus als Maulhelden erwiesen haben.

Übrigens stimmten nicht nur die Abgeordneten der Koalition geschlossen gegen den Unionsantrag, sondern, mit einer Ausnahme, auch die Deputierten der AfD. Aber damit hatte die Ampel auch keine Schwierigkeiten. Mehr noch als unanständig ist das Ignorieren der Brandmauer ja nur, wenn man es der Union vorwerfen kann.

QOSHE - Die Maulhelden der Ampel - Berthold Kohler
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Die Maulhelden der Ampel

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18.01.2024

Die Fraktionschefs von CDU und CSU hatten nicht erwarten können und als alte parlamentarische Hasen sicher auch nicht damit gerechnet, dass ihr Entschließungsantrag zur Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers an die Ukraine eine Mehrheit im Bundestag bekommt.

Dazu hätten Abgeordnete der Ampel-Parteien in Scharen zur Opposition überlaufen müssen. Dann wäre Scholz aber nicht nur als Zauderer dagestanden, sondern als Kanzler ohne Mehrheit, und mancher Abgeordneter nach der Neuwahl, die solchen Verhältnissen üblicherweise über kurz oder lang folgt, ohne Mandat.

Da........

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