Ja, ist denn scho Weihnachten, zitiert man in Bayern immer noch gerne einen Werbespot mit Franz Beckenbauer, dessen Ausstrahlung schon Jahrzehnte zurückliegt. Ähnlich groß ist die Wahrscheinlichkeit, kurz vor dem Fest auch noch etwas von der CSU zu hören, denn in der stillen Zeit hallt alles Laute besonders lange nach.

Wie zum Beweis posaunte Landesgruppenchef Dobrindt, der das Instrument schon als Generalsekretär zu spielen gelernt hatte, schnell noch eine Forderung hinaus, bevor er ans Christbaumschmücken ging und sich vielleicht auch um den Parteifreund kümmerte, der die Abschaffung der Kirchensteuer verlangt hatte.

Dobrindts Wunschzettel richtet sich aber an den Bundeskanzler: Der möge den Weg frei machen für eine vorgezogene Wahl des Bundestags. Angesichts der weitverbreiteten Unzufriedenheit mit der Ampel geht ein Oppositioneller mit einem solchen Vorschlag kein Risiko ein. Na ja, vielleicht doch ein kleines: als Dampfplauderer zu gelten. Denn wer den Glühwein noch nicht aus dem Maßkrug getrunken hat, erinnert sich vielleicht daran, dass es nicht so leicht ist, einen Kanzler dazu zu bewegen, die Flinte vorzeitig in den Schnee zu werfen. Wegen schlechter Umfragewerte tritt einer wie Scholz, der im Gegensatz zur SPD nie den Glauben an sich verloren hat, nicht zurück. Und warum sollte er die Vertrauensfrage stellen, wenn alle drei Ampelpartner derzeit nichts mehr fürchten als Wahlen?

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Es ist nur zu verständlich, dass jetzt auch Bürger einen Regierungswechsel ersehnen, die vor zwei Jahren für eine der drei Koalitionsparteien stimmten. Doch nach Lage der Dinge werden sie nicht so schnell die Chance zur Korrektur ihrer Wahlentscheidung bekommen. CDU und CSU bereiten sich gleichwohl auf den Fall der Fälle vor, man weiß ja nie. Mancher in den Reihen der Union scheint insgeheim aber ganz froh zu sein, jetzt noch nicht das Chaos beseitigen zu müssen, das die Schlägereien im Wirtshaus „Zur Ampel“ hinterließen. Man hat noch nicht einmal gehört, dass Söder sich vom Christkind die Kanzlerkandidatur gewünscht habe.

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Fromme Weihnachtswünsche der CSU

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22.12.2023

Ja, ist denn scho Weihnachten, zitiert man in Bayern immer noch gerne einen Werbespot mit Franz Beckenbauer, dessen Ausstrahlung schon Jahrzehnte zurückliegt. Ähnlich groß ist die Wahrscheinlichkeit, kurz vor dem Fest auch noch etwas von der CSU zu hören, denn in der stillen Zeit hallt alles Laute besonders lange nach.

Wie zum Beweis posaunte Landesgruppenchef Dobrindt, der das Instrument schon als Generalsekretär zu spielen gelernt hatte, schnell noch eine Forderung hinaus, bevor er ans Christbaumschmücken ging und sich vielleicht auch um den Parteifreund kümmerte, der die........

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