Die CDU brauchte eine Weile, um sich vom Schock des Machtverlusts am Ende der Ära Merkel zu erholen. Zwei Jahre nach der Versetzung in die Opposition hat sie aber wieder Tritt gefasst. Während die SPD in den eingefahrenen Bahnen ihrer Programmatik bleibt, präsentiert die CDU sich als die wahre Partei der Zeitenwende. Der Entwurf des neuen Grundsatzprogramms schlägt auf zentralen Politikfeldern Richtungsänderungen vor, zu denen die mit sich selbst ringende „Fortschrittskoalition“ nicht willig oder nicht fähig ist. Darunter sind Punkte wie etwa die Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die bei den wenigsten Deutschen Begeisterungsstürme hervorrufen werden. Doch dürfte es auch Bürger geben, die es zu schätzen wissen, dass ihnen eine Partei schon in der Opposition reinen Wein einschenkt, selbst wenn der sauer ist.
Auch mit den Vorschlägen zur Neuausrichtung der Asylpolitik wird die CDU-Führung nicht einmal in den eigenen Reihen alle glücklich machen. Doch weiß man gerade an der Basis, dass die Flüchtlingspolitik wegen der sattsam bekannten Probleme und ihrer politischen Folgen nicht bleiben kann, wie sie ist. Auch die Vorschläge der CDU werden nicht leicht zu realisieren sein. Sichere Drittstaaten sind schwer zu finden. Die Linken in der Ampel würden jedoch am liebsten erst gar nicht nach ihnen suchen.
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Nun aber müssen sie sogar wieder den Begriff der Leitkultur ertragen, gegen den sie und ihre Vorgänger vor zwanzig Jahren heftig polemisiert hatten. Die Union definiert ihn analog zu den Werten des Grundgesetzes, ergänzt um die Anerkennung des Existenzrechts Israels. Wer wollte dem widersprechen? Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, dieser Leitkultur aber nicht folgen will, sollte nicht mit der deutschen Staatsangehörigkeit belohnt werden. Aber auch wer diese mit Geburt erwirbt, hat Pflichten. Das „Gesellschaftsjahr“ würde daran erinnern und, wie früher die Wehrpflicht, junge Menschen aus Schichten zusammenbringen, die sonst kaum noch Berührungspunkte und Verständnis füreinander haben.