Die Meldungen aus der Wirtschaft sind verstörend. Allein in dieser Woche hieß es, die Zahl der Insolvenzen in Hessen sei deutlich gestiegen – und die Stimmung in der Chemiebranche sei noch nie so schlecht gewesen. Das hat Konsequenzen: Es gehen Arbeitsplätze in signifikanter Zahl verloren, und natürlich scheitern damit überall Hoffnungen, persönliche, aber auch unternehmerische. Das geringste Problem ist dabei noch, dass das natürlich auch die Aktionäre von Unternehmen trifft, dann verteilt sich der Ärger der Eigentümer auf eine größere Zahl von Menschen, aber das Problem wird ­damit auch sichtbarer: Aktionär des Chemiekonzerns Evonik zum Beispiel möchte man derzeit nicht sein. Und Evonik ist an mehreren hessischen Standorten vertreten.

Die Gründe für die Misere sind individuell unterschiedlich, mal ist es die Nachfrage, aber fast immer werden die Unternehmen durch die hohen Energiepreise belastet. Der Effekt nahm mit dem russischen Angriff auf die Ukraine seinen Ausgang. Auf dem Markt herrscht zwar keine große Aufregung über die Versorgungssicherheit mehr, aber das Preisniveau, das sich nun eingependelt hat, ist im internationalen Vergleich viel zu hoch. Hinzu kommt, dass Entlastungen wegfallen, Belastungen aber zunehmen: Die Entgelte für die Strom-Übertragungsnetze werden nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Schuldenbremse nicht länger vom Staat bezuschusst, von Gas muss vielerorts auf Elektro umgestellt werden, um die Vorgaben zur Senkung der Kohlendioxid-Emissionen zu erfüllen.

Und immer wieder hört man im Gespräch mit Unternehmern und Managern die Klage, die Politik handle zu kurzatmig, weshalb es an Planungssicherheit fehle. Andererseits dauerten Genehmigungsprozesse zu lang, bis zum Beispiel ein neues Windrad steht, können acht Jahre vergehen.

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Merke: Die Kosten sind das Eine, investiert würde vielleicht dennoch. Aber kein Unternehmer baut einen Investitionsplan so, dass zur ­üblichen Marktunsicherheit noch die offene Antwort auf die Frage einkalkuliert werden muss, ob das, was man baut, möglichen Regulierungen in zwei Jahren noch standhält.

Doch kann man etwas dagegen tun: Bürokratie abbauen, einen belastbaren Plan für die Energieversorgung der Zukunft entwickeln, der Genehmigungsprozesse für den Ausbau alternativer Energien nachhaltig beschleunigt. Außerdem kraftvoll in die Digitalisierung investieren. Die deutsche Wirtschaft muss den Schatz heben, der in den Daten steckt. An der Stelle sind Politik und Unternehmer gleichermaßen gefragt – ansonsten aber geht die Botschaft nach Berlin und Wiesbaden: Die Belastung durch die zu hohen Energiepreise muss sinken.

QOSHE - Die Energiepreise sind zu hoch - Carsten Knop
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Die Energiepreise sind zu hoch

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21.03.2024

Die Meldungen aus der Wirtschaft sind verstörend. Allein in dieser Woche hieß es, die Zahl der Insolvenzen in Hessen sei deutlich gestiegen – und die Stimmung in der Chemiebranche sei noch nie so schlecht gewesen. Das hat Konsequenzen: Es gehen Arbeitsplätze in signifikanter Zahl verloren, und natürlich scheitern damit überall Hoffnungen, persönliche, aber auch unternehmerische. Das geringste Problem ist dabei noch, dass das natürlich auch die Aktionäre von Unternehmen trifft, dann verteilt sich der Ärger der Eigentümer auf eine größere Zahl von Menschen, aber das Problem wird ­damit auch sichtbarer: Aktionär des Chemiekonzerns Evonik zum Beispiel möchte man derzeit nicht sein. Und Evonik ist an........

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