Es gibt eine Bahnstrecke in der Region, da helfen keine neuen Informationssysteme, die zuverlässiger zeigen, wann die nächste Bahn kommt. Denn es fährt noch nicht einmal ein Zug ins Nirgendwo. Noch sind Ferien, was die Lage nicht ganz so dramatisch erscheinen lässt. Aber den Bad Sodenern und Sulzbachern – und auch denjenigen, die von Höchst kommend über Sossenheim mit der RB 11 in die Gegenrichtung fahren – hat es die Sprache verschlagen. Die Bahnverbindung, die schon im vergangenen Jahr immer wieder aus unterschiedlichen Gründen ausgefallen war, ist Karfreitag beinahe ohne Vorankündigung das letzte Mal gefahren – bis zum Jahr 2028.

Das ist kein Tippfehler. Und obwohl die Planungen für diesen Ausfall erheblichen Vorlauf gehabt haben müssen, haben selbst die betroffenen Gemeinden entlang der Strecke von dem Vorhaben nur wenige Tage vor Beginn der Sperrung erfahren. Man stelle sich vor, ein Bewohner der Gemeinden hat auf diese Verbindung gesetzt, als er sich vor ein paar Monaten dazu entschieden hat, mit der Hilfe des Deutschland-Tickets für das Pendeln auf sein Auto zu verzichten. Zudem fahren auch gar nicht so wenige Schüler aus dem Main-Taunus-Kreis mit der Linie, um zu einer Schule am Höchster Bahnhof zu gelangen.

Nun würde der RMV argumentieren, es gebe einen Schienenersatzverkehr. Das stimmt, nur ist die Streckenführung desselben unsinnig: Wegen einer größeren Baustelle in Sulzbach kann der dortige Bahnhof im ersten Monat der Streckenstill­legung gar nicht angefahren werden. Und die Fahrtzeit mit dem Bus ist viermal so lang wie die mit der Bahn.

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In dem Moment, in dem sich der Verkehrsverbund RMV entscheidet, einen derartigen, jahrelangen Eingriff in das Streckennetz nicht zuvor mit den Gemeinden abzustimmen, entscheidet er sich auch bewusst dafür, auf deren Fachwissen und Einschätzungen zur optimalen Organisation des Ersatzverkehrs zu verzichten. Und die jüngste Volte um die RB 11 ist nur das neueste Beispiel für ein fortgesetztes Bahn-Desaster im Taunus, das mit der Umstellung diverser Linien auf zunächst unzuverlässige und dann nicht in ausreichender Zahl vorhandene Züge mit Wasserstoff­antrieb begonnen hat.

Diese eigentlich schönen neuen Züge fuhren für ein paar Wochen auch zwischen Bad Soden und Höchst. Bis man sie dort einmal wiedersieht, werden nun Jahre vergehen. Doch hat man den Verdacht, dass es mit mehr Gehirnschmalz auch anders gehen könnte. Welcher Politiker der Region möchte anfangen, dem RMV wieder genauer auf die Finger zu schauen?

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Und plötzlich fährt vier Jahre lang kein Zug mehr

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08.04.2024

Es gibt eine Bahnstrecke in der Region, da helfen keine neuen Informationssysteme, die zuverlässiger zeigen, wann die nächste Bahn kommt. Denn es fährt noch nicht einmal ein Zug ins Nirgendwo. Noch sind Ferien, was die Lage nicht ganz so dramatisch erscheinen lässt. Aber den Bad Sodenern und Sulzbachern – und auch denjenigen, die von Höchst kommend über Sossenheim mit der RB 11 in die Gegenrichtung fahren – hat es die Sprache verschlagen. Die Bahnverbindung, die schon im vergangenen Jahr immer wieder aus unterschiedlichen Gründen ausgefallen war, ist Karfreitag beinahe ohne Vorankündigung das letzte Mal gefahren – bis zum Jahr 2028.

Das ist kein Tippfehler. Und obwohl die........

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