Hessen vorn: Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) ist für die Wirtschaft im Bundesland optimistisch. Das Bruttoinlandsprodukt Hessens soll 2024 um 1,5 Prozent steigen; 0,2 Prozentpunkte mehr als das der Bundesrepublik insgesamt. Ohnehin ist die Bank für die wirtschaftliche Entwicklung auch in ganz Deutschland zuversichtlich und lässt sich die Stimmung trotz diverser struktureller Schwierigkeiten nicht vermiesen.

Der Grund? Unter anderem eine fest erwartete Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank. Die Aktienmärkte nähmen diese vorweg, tatsächlich vermag die Helaba selbst eine Erholung auf dem Bau zu erkennen. Auch die Auftragseingänge seien zuletzt wieder gestiegen.

Aber warum ist Hessen vorn? Dass die Zinsen grundsätzlich wieder zurückgekehrt sind, ist eine eher gute Nachricht für die Finanzbranche. Und dann gibt es da noch die Europameisterschaft sowie einen aus der Sicht der Helaba vorteilhaften Branchenmix. Es ist ein Optimismus, der sich gegen viele schlechte Botschaften stemmt: Tatsächlich bereitet vielen Volkswirten gerade die Kaufzurückhaltung der Verbraucher Sorgen, der Einzelhandel ist vom Weihnachtsgeschäft nicht begeistert. Auch die mangelnde Investitionsfreude der Unternehmen ist spürbar.

Auf die Verteilung der 100 umsatzstärksten börsennotierten Unternehmen können die Hessen übrigens nicht stolz sein, denn hier dominieren Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg, wie man in einer Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY nachlesen kann, die am zweiten Weihnachtsfeiertag veröffentlicht worden ist. Dort heißt es, dass viele Unternehmen Sparprogramme aufgelegt hätten und sich mit Neueinstellungen zurückhielten, selbst wenn 2023 noch viele neue Stellen geschaffen worden seien.

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Was steige, seien die Anforderungen der Unternehmen an ihre Beschäftigten, gerade dort, wo es um Software gehe. Für die Unternehmen werde es zugleich immer schwieriger, entsprechende Vakanzen zu füllen. Das ist die entscheidende Botschaft mit Blick auf das neue Jahr: Es wird (noch) anstrengender. Aber wenn man die Dinge richtig macht, wäre es möglich, besser voranzukommen, als es zum Ende des Jahres 2023 scheint.

Die Helaba formuliert das so: Man könne Wachstum generieren, ohne Geld auszugeben. Die Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln müssten verbessert werden, auch in Hessen, wo vor allem in der Infrastruktur Verbesserungsmöglichkeiten zu finden sind. Um das zu erkennen, muss man keiner der Pendler sein, die sich auf den Bahnstrecken im Taunus monatelang ihrem Schicksal ergeben mussten.

Es geht darum, Veränderungsprozesse anzustoßen, die das Land und die Unternehmen zukunftsfähig machen. In den Unternehmen wird das nicht ohne geschäftlichen Mut und eine erhebliche Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter gehen, im Land nicht ohne weniger Bürokratie und die Mobilisierung privaten Kapitals zur Begleitung der Modernisierung. Warum Schulen nicht seriell bauen lassen wie bei Ergänzungsbauten von Goldbeck in Berlin? Warum für die Digitalisierung und den klimaneutralen Umbau von Städten nicht mehr private Partner mit an Bord holen?

Darum geht es, auch in Hessen. Und dass die Wirtschaftsstruktur hier mittelständischer geprägt ist, ist ein Vorteil, den das Land ebenfalls stärker nutzen kann. Industrie und Gewerbe brauchen übrigens Flächen, die ausgewiesen werden müssen – und eine Bevölkerung, die etwas für gute Arbeitsplätze vor der Haustür tun will.

QOSHE - Was Hessen besser macht - Carsten Knop
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Was Hessen besser macht

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27.12.2023

Hessen vorn: Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) ist für die Wirtschaft im Bundesland optimistisch. Das Bruttoinlandsprodukt Hessens soll 2024 um 1,5 Prozent steigen; 0,2 Prozentpunkte mehr als das der Bundesrepublik insgesamt. Ohnehin ist die Bank für die wirtschaftliche Entwicklung auch in ganz Deutschland zuversichtlich und lässt sich die Stimmung trotz diverser struktureller Schwierigkeiten nicht vermiesen.

Der Grund? Unter anderem eine fest erwartete Senkung der Leitzinsen durch die Europäische Zentralbank. Die Aktienmärkte nähmen diese vorweg, tatsächlich vermag die Helaba selbst eine Erholung auf dem Bau zu erkennen. Auch die Auftragseingänge seien zuletzt wieder gestiegen.

Aber warum ist Hessen vorn? Dass die Zinsen grundsätzlich wieder zurückgekehrt sind, ist eine eher gute Nachricht für die Finanzbranche. Und dann gibt es da noch die........

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