Beim Lesen muss man aufpassen, dass man solche Nachrichten nicht mit einem routinierten Blick und einem Schulterzucken abhakt: Der Autozulieferer Continental streicht allein in seinem Werk in Frankfurt-Rödelheim jede siebte Stelle, 630 sind es insgesamt – und auf der ganzen Welt 7150. Damit steht das Unternehmen nicht allein, denn in ganz Deutschland geben die Autohersteller den Druck, unter dem sie gerade auf dem Weltmarkt stehen, an ihre Zulieferer weiter. Die reagieren darauf so wie nun auch Continental.

Es werden Stellen abgebaut, und wenn investiert wird, sind es in der Regel Werke im Ausland, die auf- oder ausgebaut werden. Es ist ein sich selbst verstärkender Prozess: Man müsse die Fabriken nun einmal dort bauen, wo die Kunden seien, heißt es in den Chefetagen. Und die Kunden sind zunehmend in China zu finden, auch Indien ist auf die Überholspur ausgeschert.

Deutschland aber fällt zurück, was inzwischen nicht nur die Wirtschaft thematisiert, sondern nach längerem Anlauf auch die Regierung in Berlin verstanden hat, selbst wenn es ihr schwerfällt, kurzfristig Antworten darauf zu finden. Nötig wären sie. Denn die Stimmung ist nicht nur in den Unternehmen düster, die schon mit einem Stellenabbau begonnen haben, auch fast alle anderen blicken derzeit konsterniert in ihre Bücher: Der Dezember war mies, der Jahresauftakt war nicht besser.

Deutschland hat sich nach den „Agenda 2010“-Arbeitsmarktreformen, befeuert von billiger Energie aus Russland und mit einem vermeintlich sicheren Absatzmarkt in China, unterstützt von niedrigen Zinsen, zu sicher gefühlt. Die Steuereinnahmen sprudelten. Die erfolgreichen, aber schmerzhaften Reformen konnten zum Teil zurückgedreht, neue Regulierungen und bürokratische Hürden erfunden und soziale Wohltaten ausgeschüttet werden. So hat das Land in weiten Teilen seiner Wirtschaft internationale Wettbewerbsfähigkeit verloren.

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Interessant ist, dass es in Berlin eine Partei gibt, die etwas früher als die beiden Koalitionspartner erkannt hat, dass es so nicht mehr weitergehen kann, dass etwas gegen Bürokratismus und Steuerbelastung getan werde muss – trotz aller Kriege und Krisen, die es außerhalb der Wirtschaft zu bewältigen gibt, dass diese Partei aber für ihr wirtschaftsfreundliches Verhalten in den Umfragen bestraft wird. Das kann ein Vermittlungsproblem der FDP sein, aber auch ein Zeichen dafür, dass Nachrichten wie nun die von Continental mit zu viel Routine und Schulterzucken abgehakt werden.

Das aber wird sich rächen: Die Zeit für immer neue bürokratische Hürden bis hin zur Arbeitszeiterfassung für künftig beinahe jede Tätigkeit und immer höhere Steuern und Abgaben ist vorbei. Technologieoffenheit, Innovation und das Erwirtschaften von Gewinnen müssen wieder als Werte an sich anerkannt werden – nicht als Gefahren.

QOSHE - Was man für die Wirtschaft tun muss - Carsten Knop
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Was man für die Wirtschaft tun muss

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22.02.2024

Beim Lesen muss man aufpassen, dass man solche Nachrichten nicht mit einem routinierten Blick und einem Schulterzucken abhakt: Der Autozulieferer Continental streicht allein in seinem Werk in Frankfurt-Rödelheim jede siebte Stelle, 630 sind es insgesamt – und auf der ganzen Welt 7150. Damit steht das Unternehmen nicht allein, denn in ganz Deutschland geben die Autohersteller den Druck, unter dem sie gerade auf dem Weltmarkt stehen, an ihre Zulieferer weiter. Die reagieren darauf so wie nun auch Continental.

Es werden Stellen abgebaut, und wenn investiert wird, sind es in der Regel Werke im Ausland, die auf- oder ausgebaut werden. Es ist ein sich selbst verstärkender Prozess: Man müsse die Fabriken nun einmal dort bauen, wo die Kunden seien, heißt es........

© Frankfurter Allgemeine


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