Für die Bundesregierung und für die deutsche Wirtschaft hat es lange keine guten Nachrichten mehr gegeben, das dürfte sich an diesem Freitag ändern. Die Minister für Gesundheit und Wirtschaft, Karl Lauterbach (SPD) und Robert Habeck (Grüne), werden eine große Ansiedlung bekanntgeben: Der US-Konzern Eli Lilly plant in Alzey den Bau eines Arzneimittelwerkes für 2,3 Milliarden Euro.

Die Minister, denen es an guter Presse fehlt, werden versichern, dass der Schritt die Attraktivität des Standorts Deutschland illustriere und dass sich die im Zuge der Medikamentenknappheit eingeschlagene Politik auszahle, Hersteller zur Ansiedlung in Deutschland zu motivieren. Auch Forschung und Studien würden erleichtert.

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Natürlich springt diese Argumentation zu kurz. Lilly kommt nach Europa, weil hier riesige Geschäfte mit seinen Abnehmspritzen winken. Eher ist es so, dass sich der Investor nicht wegen, sondern trotz der Ampelpolitik für Deutschland entschieden hat: trotz der überbordenden Bürokratie in der Wirtschafts- und Gesundheitspolitik, trotz des Fachkräftemangels, trotz der hohen Energiepreise, Steuern und Abgaben. Der Markt ist derart aussichtsreich, dass Lilly nicht einmal Subventionen braucht. Das ist leider schon eine Nachricht in Zeiten von Milliardenbeihilfen für die Chipindustrie aus dem gerade zurechtgestutzten Klima- und Transformationsfonds.

Mit der Ansiedlung steigt Rheinland-Pfalz, wo schon BASF, Biontech und Boehringer Ingelheim zu Hause sind, endgültig in die erste Liga der europäischen Pharmastandorte auf. Daraus dürfte sich eine weitere Sogwirkung und Clusterbildung entwickeln wie in Mitteldeutschland mit der Halbleiterindustrie, aber hoffentlich mit weniger Steuergeld. Das Lilly-Produkt kann segensreich werden für die vielen Adipositaskranken. Wichtig ist aber, dass es nicht für Life­stylezwecke missbraucht wird und dass der hohe Bedarf nicht zu einem Mangel in der Versorgung von Diabetikern mit dem wirkstoffgleichen Schwestermedikament führt.

Man muss dem Investor danken, man muss ihn feiern. Die Politik kann sich diesen Erfolg aber nun wirklich nicht an die Brust heften.

QOSHE - Die Dennoch-Ansiedlung - Christian Geinitz, Berlin
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Die Dennoch-Ansiedlung

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16.11.2023

Für die Bundesregierung und für die deutsche Wirtschaft hat es lange keine guten Nachrichten mehr gegeben, das dürfte sich an diesem Freitag ändern. Die Minister für Gesundheit und Wirtschaft, Karl Lauterbach (SPD) und Robert Habeck (Grüne), werden eine große Ansiedlung bekanntgeben: Der US-Konzern Eli Lilly plant in Alzey den Bau eines Arzneimittelwerkes für 2,3 Milliarden Euro.

Die Minister, denen es an guter Presse fehlt, werden versichern, dass der Schritt die Attraktivität des Standorts Deutschland illustriere und dass sich die im Zuge der Medikamentenknappheit........

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