Da soll noch mal jemand sagen, die Bundesregierung und die Grünen seien nicht lernfähig. Lange haben sich Koalitionen aller Couleur gegen die Abscheidung und Speicherung von CO2 gesträubt, CCS genannt. Genauso lehnten sie die Schwestertechnik ab, die Verwertung des eingefangenen Kohlenstoffs in E-Fuels oder für andere Zwecke (CCU). Die Grünen als vermeintliche Umwelt- und Klimaschutzpartei waren besonders lautstark und hartnäckig dagegen, weil die Technik nicht sicher sei und zudem vom eigentlichen Ziel der Treibhausgasvermeidung ablenke.
Doch nun bricht sich hier endlich erfreulicher Realitätssinn Bahn. Regierung und Grüne sprechen sich für die modernen Verfahren aus und wollen sie gesetzlich ermöglichen. Das ist ähnlich zu begrüßen wie die Umkehr von FDP und Union in Sachen Kernkraftausstieg – auch wenn daraus mangels politischer Mehrheiten leider (noch) nichts folgt für Klimaschutz, günstige Strompreise und Versorgungssicherheit bei Dunkelflauten.
Entlarvend ist, dass der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck die Risiken der CO2-Abscheidung in Analogie zum Bergbau und zur Chemieindustrie als „managebar“ bezeichnet hat. Denn das galt für die Risiken der deutschen Kernkraftwerke ebenso.
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Ganz konsequent oder „denklogisch“, wie Habeck gern sagt, ist seine neue Politik auch im Fall der CO2-Speicherung leider weiterhin nicht. Er will die Nutzung von CCS und CCU nur für schwer oder gar nicht vermeidbaren Treibhausgasausstoß erlauben, etwa in der Zementproduktion oder zur Herstellung von Wasserstoff aus Erdgas. Staatlich gefördert wird das Verfahren nur bei nichtfossilen Energieträgern. Überhaupt nicht zulässig ist es für die Kohle, damit der Ausstieg aus deren Verbrennung 2030 oder 2038 nicht gefährdet wird.
Wenn es aber stimmt, dass sich der Kohleeinsatz – unter Einbeziehung der CO2-Preise und aller Emissionen von der Lagerstätte bis zur Verbrennung – demnächst ohnehin nicht mehr auszahlt, dann könnte und müsste man das Verfahren auch diesem Energieträger zugestehen; nicht nur dem (ebenfalls fossilen) Erdgas. Erst das wäre, was die Strategie bisher nur vorgibt zu sein: wirklich technologieoffen und marktgetrieben.