Wie muss er ihn fürchten, der Papst seinen intelligentesten Kritiker in der Kurie, den amerikanischen Kardinal Raymond Burke! Von den einflussreichen Ämtern, die Burke innehatte, hat ihn Franziskus nach und nach abberufen. Einstmals Präfekt der Apostolischen Signatur, dem Obersten Gerichtshof des Vatikanstaates, ist Burke heute nur noch dessen „member“, Mitglied, wie er das letzte ihm verbliebene Amt auf seiner Homepage ausweist.

Es ist weniger der erzkonservative Hintergrund Burkes, der ihn zum roten Tuch für Franziskus macht – wenn die Chemie stimmt, toleriert der Papst solche Männer –, als vielmehr dessen schneidend scharfe Begrifflichkeit, seine juristisch geschulte Analysefähigkeit und theologische Prägnanz. Burke bringt diese Vermögen lässig und nicht selten mit Witz in Anschlag, ohne dafür besonderer Ämter zu bedürfen, während Franziskus mit ungreifbarer Schwammigkeit eine Politik der Andeutungen verfolgt, mit Reformbereitschaft irrlichtert, um dann doch nur auf der Bremse zu stehen und jedenfalls wenig bis nichts auf die Kohärenz seiner Äußerungen zu geben scheint.

Es mag so sein, dass der US-Amerikaner Burke dem Argentinier Jorge Bergoglio wie ein nervender Vorwurf vorkommt, nach dem Motto: Da verfügt jemand über ein intellektuelles päpstliches Design, das dem Spontifex abgeht. Es ist die Unerschütterlichkeit des Geächteten, mit der Burke – seine Loyalität zum Papst betonend – dem Amtsinhaber immer da widerspricht, wo die Kirche als hierarchische Gemeinschaft unterbelichtet bleibt. So bei Bergoglios Zentralstellung von „Synodalität“ – ein Begriff, „der in der Kirchenlehre keine Geschichte hat und für den es keine vernünftige Definition gibt“ (Burke).

Der charismatische Touch der synodalen Heilserwartung ist Burke zutiefst suspekt. Es sei leider offensichtlich, erklärte er Anfang Oktober in einem Referat (in deutscher Übersetzung auf der Homepage), „dass das Anrufen des Heiligen Geistes von Seiten einiger den Zweck hat, eine Agenda voranzutreiben, die eher politisch und menschlich als kirchlich und göttlich ist“. Im folgenden Monat kündigt Franziskus an, Burke nun auch Dienstwohnung und Gehalt nehmen zu wollen, als einem Förderer kirchlicher Zwietracht, wie das Argument zu lauten beliebt. Burke wird aufgefordert, seine römische Wohnung, bei Kurienkardinälen üblicherweise vom Vatikan finanziert, entweder selbst zum marktüblichen Preis zu bezahlen oder zu räumen.

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QOSHE - Das rote Tuch - Christian Geyer
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Das rote Tuch

17 13
11.12.2023

Wie muss er ihn fürchten, der Papst seinen intelligentesten Kritiker in der Kurie, den amerikanischen Kardinal Raymond Burke! Von den einflussreichen Ämtern, die Burke innehatte, hat ihn Franziskus nach und nach abberufen. Einstmals Präfekt der Apostolischen Signatur, dem Obersten Gerichtshof des Vatikanstaates, ist Burke heute nur noch dessen „member“, Mitglied, wie er das letzte ihm verbliebene Amt auf seiner Homepage ausweist.

Es ist weniger der erzkonservative Hintergrund Burkes, der ihn zum roten Tuch für Franziskus macht – wenn die Chemie stimmt, toleriert der Papst solche Männer –, als vielmehr dessen schneidend scharfe Begrifflichkeit, seine juristisch geschulte Analysefähigkeit und theologische Prägnanz. Burke........

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