Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, hat es nicht hinbekommen, sich von der Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ zu distanzieren. Das ist zunächst einmal Faktum, unabhängig davon, was die Ermittlungen zu dieser neulich in einer Gredinger Diskothek im Umfeld des AfD-Landesparteitags gegrölten Parole noch ergeben. Da sei eben Bier getrunken worden, erklärte Baumann im „Bericht aus Berlin“, die Parole aus dem Mund seiner Partei(-jugend) sei lediglich so zu verstehen, dass Deutschland den Pass-Deutschen gehöre und Ausländer ohne Schutzberechtigung rausmüssten.

Welch ein Hohn, den völkischen Ur- und Unsinn der rassistischen Hetzparole legalistisch verflüchtigen zu wollen. Der Vorgang ist symptomatisch für die zwischen esoterisch und exoterisch schillernde Parteirhetorik. Wenn sich ein Offizieller wie Baumann für eine derart verlogene Semantik hergibt – was an der Parteidoktrin steht dann nicht im Verdacht von Rosstäuscherei, Irreführung und Camouflage? Von Verhaltenslehren der Kälte also, mit denen auch die stabilen, seit Jahren bestehenden Verbindungen zur rechtsextremistischen identitären Szene verschleiert werden sollen.

Götz Kubitschek, einer ihrer Köpfe, wurde im „Bericht aus Berlin“ mit einem Statement schon von 2016 gezeigt, wo er sagt: „Natürlich ist die Verbindung zur AfD da, weil wir mit Sicherheit Begriffe, Themen vordenken, die die AfD als politischer Arm eines Widerstandsmilieus umsetzen könnte.“ Eingeblendet wurde Kubitscheks auf dem identitären Hausblog „sezession.de“ publizierter Tadel an Alice Weidel, die im Zusammenhang mit den Correctiv-Enthüllungen ihren Berater Roland Hartwig entlassen hatte. Da spricht Kubitschek in der Tat wie ein Übervater der AfD, im eigenen Selbstverständnis aus dem identitären „Vorfeld“ dem parlamentarischen Parteifeld zuarbeitend. Entsprechend gab es schon vor Potsdam eine rege klandestine Zweifelderwirtschaft.

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Die gegenseitige Abhängigkeit zwischen Feld und Vorfeld schlägt sich, wie der „Bericht aus Berlin“ zeigte, begriffs- und ideenpolitisch nieder etwa in Büchern der AfD-Protagonisten Björn Höcke („Nie zweimal in denselben Fluss“, 2018; hier taucht schon der Begriff „Remigration“ auf) oder Maximilian Krah („Politik von rechts“, 2023; mit näheren Rechenspielen für behaupteten millionenfachen Remigrationsbedarf). Martin Sellner, völkischer Nimbusspender der Potsdamer Zusammenkunft, fasst die Correctiv-Mitteilungen als unverhoffte PR für sein in Kürze erscheinendes Buch „Remigration. Ein Vorschlag“ auf, hält ihren Urhebern freilich eine mangelhafte Belege- und Nachweisestruktur vor, lauter fehlende Zitate, vom AfD-Anwalt Ulrich Vosgerau auf „tichyseinblick.de“ klagewillig sub­stantiiert.

Wie selbsthypnotisch die sogenannte Recherche und deren Bühnenfassung auch sein mögen – sie stellen eine gewachsene Symbiose ins Licht, die ein anderes, ein schreckliches Deutschtum will.

QOSHE - Der völkische Felderdünger - Christian Geyer
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Der völkische Felderdünger

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22.01.2024

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD, Bernd Baumann, hat es nicht hinbekommen, sich von der Parole „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“ zu distanzieren. Das ist zunächst einmal Faktum, unabhängig davon, was die Ermittlungen zu dieser neulich in einer Gredinger Diskothek im Umfeld des AfD-Landesparteitags gegrölten Parole noch ergeben. Da sei eben Bier getrunken worden, erklärte Baumann im „Bericht aus Berlin“, die Parole aus dem Mund seiner Partei(-jugend) sei lediglich so zu verstehen, dass Deutschland den Pass-Deutschen gehöre und Ausländer ohne Schutzberechtigung rausmüssten.

Welch ein Hohn, den völkischen Ur- und Unsinn der rassistischen Hetzparole legalistisch verflüchtigen zu wollen. Der Vorgang ist symptomatisch für die zwischen esoterisch........

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