Na ja, Markus Lanz mochte Recht haben, als er in seiner gut gelaunten, von Energieüberschuss getragenen Fassungslosigkeit meinte, er und seine Generation hätten sich seinerzeit null Kopf um die Rente gemacht hat, als er selbst noch in den Zwanzigern war. Aber das zählt natürlich nicht als Einwand, wenn eine junge Politikerin in den Zwanzigern ihre Position zur Rentenfrage darlegt. Da geht es ja zunächst um die Kompetenz als politische Funktionsträgerin, die man wohl kaum mit Hinweis auf die Alterskohorte absprechen möchte.

Gerade dies wollte Lanz aber auch gar nicht tun. Seine Ratlosigkeit bezog sich auf die Rentenfixierung als Generationenansage. Genau so – die Rente als persönlicher Lebensentwurf – kam Katharina Stolla rüber, Bundessprecherin der Grünen Jugend, als sie mitteilte: Die Rentenfrage sei eine Frage, die „meine Generation sehr beschäftigt, sehr umtreibt“. Vor allem scheint Stolla die Biographien ihrer Generation von den gesellschaftlichen Umständen her bestimmen zu wollen, nicht von den eigenen Antrieben, den persönlichen Vermögen oder Unvermögen her.

Immer wieder fielen Wendungen wie „Das ist doch kein Zustand!“ oder „So kann’s nicht weitergehen!“, die, als zentrale Selbstauskunft einer Generation formuliert, ein tendenziell außengeleitetes Lebensmodell nahelegen. Nach dem Motto: Solange mir keine besseren Umstände geboten werden, lege ich mich auch nicht ins Zeug! Kurz gefasst: Was erwarten Sie denn eigentlich von mir?

Als wären biographische Erwartungen nicht solche, die man zuallererst an sich selbst und das eigene Verbringen von Lebenszeit adressieren möchte, bevor man andere in die Haft nimmt (ein Einstehen für die persönliche Freiheit, das Kritik an sozialen Missständen gerade nicht ausschließt).

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Stolla indes formuliert als Selbstbeschreibung ihrer Generation wie folgt: „Wir wachsen in einer Welt auf, die voller Krisen ist und stellen irgendwie fest: So kann’s nicht weitergehen.“ Lanz, ungläubig: „Sie denken über Rente nach, ja?“ Stolla: „Ach, junge Menschen haben schon sehr gut auf dem Schirm, dass es so nicht weitergehen kann.“ Aber welcher Weltenretter ist denn im Anmarsch? Niemand.

Deshalb lässt sich die Lebensbilanz schon heute schreiben, als von der Zukunft enteignete Gegenwart: „Wozu soll ich mich eigentlich in dieser kaputten Welt kaputtarbeiten?“ Das systematische Nähren von Mutlosigkeit bedeutet auch: Die Rentner sind mit ihrem Defätismus nicht allein auf der Welt.

QOSHE - Warum sich kaputt arbeiten? - Christian Geyer
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Warum sich kaputt arbeiten?

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07.03.2024

Na ja, Markus Lanz mochte Recht haben, als er in seiner gut gelaunten, von Energieüberschuss getragenen Fassungslosigkeit meinte, er und seine Generation hätten sich seinerzeit null Kopf um die Rente gemacht hat, als er selbst noch in den Zwanzigern war. Aber das zählt natürlich nicht als Einwand, wenn eine junge Politikerin in den Zwanzigern ihre Position zur Rentenfrage darlegt. Da geht es ja zunächst um die Kompetenz als politische Funktionsträgerin, die man wohl kaum mit Hinweis auf die Alterskohorte absprechen möchte.

Gerade dies wollte Lanz aber auch gar nicht tun. Seine Ratlosigkeit bezog sich auf die Rentenfixierung als Generationenansage. Genau so – die Rente........

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