Am Osterwochenende hat der FC Bayern München, der Fußballklub, der in Deutschland fast immer bekommt, was er will, eine Niederlage erlitten, die nicht nur auf diese, sondern auch auf die nächste Saison Auswirkungen haben dürfte. Aber wer nun an das Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund, an dieses sehr mittelmäßige 0:2 denkt (war das wirklich derselbe Sport, den Liverpool und Manchester City neulich spielten?), der denkt nicht weit genug.

Es sollte – aus der Sicht der Bayern – mit Blick auf die Bundesligatabelle verkraftbar sein, dass die Mannschaft energielos spielte und verdient verlor. Es sollte sogar verkraftbar sein, dass der Trainer Thomas Tuchel die Energielosigkeit danach mal wieder nicht erklären konnte, selbst wenn das nur deswegen verkraftbar ist, weil er den Verein im Sommer sowieso verlassen muss.

Denn als die Mitglieder des Aufsichtsrats und des Vorstands am Samstagabend in der Arena in München saßen und auf den Anpfiff des Spiels warteten, wussten sie schon von einem anderen Ergebnis, das schwerer zu verkraften war als alles, was in den nächsten neunzig Minuten passieren würde.

Spätestens seit der spanische Fußballtrainer Xabi Alonso am Karfreitag gesagt hat, dass er auch in der kommenden Saison in Leverkusen arbeiten wird, sind die schon komplizierten Herausforderungen für die Führungskräfte des FC Bayern deutlich komplizierter geworden.

Denn dadurch steht einerseits fest, dass sie mit Leverkusen weiterhin den deutschen Konkurrenten haben werden, der ihnen in dieser Saison spielstrategisch überlegen ist und das auch in der nächsten Saison sein könnte. Und dadurch steht anderseits fest – das ist die Niederlage, die bleiben wird –, dass sie nun doch nicht den Trainer einstellen können, den sie sich so sehr wünschten.

Als der FC Bayern im Februar das Ende der Partnerschaft mit Tuchel verkündete und der Vorstandsvorsitzende sagte, dass sein Klub im Anschluss an diese Saison „eine sportliche Neuausrichtung mit einem neuen Trainer“ plane, war schnell offensichtlich, dass Xabi Alonso dieser neue Trainer sein soll.

„Wir hätten ihn gerne verpflichtet“, sagte der Aufsichtsrat Uli Hoeneß in der vergangenen Woche, in der Alonso seine Entscheidung verkündete, im BR-Interview. Wer die neuere und neueste Geschichte seines Klubs kennt, der weiß, dass es eher selten vorkommt, dass Hoeneß über eine Verpflichtung, die er gerne machen möchte, im Konjunktiv sprechen muss.

Mehr zum Thema

1/

Scheidender Bayern-Trainer : Von Tuchel bleibt nicht viel

0:2 in Bundesliga gegen BVB : Schonungslose Kritik beim FC Bayern

Die Bilanz des Trainers : Ein Jahr Thomas Tuchel beim FC Bayern

Es gibt einige Gründe, warum das mit dem Trainer Alonso wahrscheinlich gut gepasst hätte. Weil er früher selbst für den FC Bayern spielte. Weil er mit seinem Ideal der Ball- und Spielkontrolle dem Ideal des Klubs entspricht. Und weil er – das sollte man nicht unterschätzen – den Vorteil hat, dass er, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, die bayerischen (Boulevard-)Debatten in den wöchentlichen Pflichtpressekonferenzen anders abmoderieren kann, als Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel, die in München auch an ihrer Kommunikation scheiterten, das konnten.

Alles in allem sagt die Entscheidung Alonsos viel über ihn aus, über den Strategen, der weiß, dass sich nicht nur ein Team, sondern auch ein Trainer entwickeln muss. Sie sagt aber auch ein bisschen etwas über den FC Bayern aus, über einen sich suchenden Fußballklub, der für den Moment auch in Deutschland nicht mehr bekommt, was er will.

QOSHE - Das größere Dilemma des FC Bayern - Christopher Meltzer
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Das größere Dilemma des FC Bayern

19 0
01.04.2024

Am Osterwochenende hat der FC Bayern München, der Fußballklub, der in Deutschland fast immer bekommt, was er will, eine Niederlage erlitten, die nicht nur auf diese, sondern auch auf die nächste Saison Auswirkungen haben dürfte. Aber wer nun an das Bundesligaspiel gegen Borussia Dortmund, an dieses sehr mittelmäßige 0:2 denkt (war das wirklich derselbe Sport, den Liverpool und Manchester City neulich spielten?), der denkt nicht weit genug.

Es sollte – aus der Sicht der Bayern – mit Blick auf die Bundesligatabelle verkraftbar sein, dass die Mannschaft energielos spielte und verdient verlor. Es sollte sogar verkraftbar sein, dass der Trainer Thomas Tuchel die Energielosigkeit danach mal wieder nicht erklären konnte, selbst wenn das nur deswegen verkraftbar ist, weil er den Verein im Sommer sowieso verlassen muss.

Denn als die Mitglieder des Aufsichtsrats und des........

© Frankfurter Allgemeine


Get it on Google Play