Spricht Uli Hoeneß über die Fehlentwicklungen des Fußballs, spricht er über den FC Chelsea. Über den Klub, der seit dem Sommer 2019 schon viermal den Trainer tauschte. Über den Klub, der dem Trainer, den er sich wünscht, dann auch stets die Spieler kauft, die der sich wünscht.

Über den Klub, der in dieser Saison nicht international spielt und der, so wie das momentan aussieht, auch in der nächsten Saison höchstens in der Conference League spielen wird. Über den Klub, der – das kann man also alles in allem so sagen – so ist, wie seiner nie werden soll.

Jetzt, da feststeht, dass der FC Bayern München, der Fußballklub, den Uli Hoeneß formte und formt, in diesem Juli aber auch schon das vierte Mal seit dem Sommer 2019 den Trainer wechseln wird, muss man fast schon frech fragen: Was ist an diesem FC Bayern denn eigentlich so anders als an diesem FC Chelsea?

Es steht außer Frage, dass Thomas Tuchel, der Trainer, der den Verein mit dem Ende dieser Saison verlassen muss, in seiner Arbeit und vor allem in der Kommunikation nicht nur kleinere, sondern auch größere Fehler gemacht hat. Doch wer, so wie die mächtigsten Männer des FC Bayern das machen, sagt, dass er die Champions League gewinnen will, aber seit 2020 stets im Viertelfinale der Champions League scheiterte, der sollte sich schon auch fragen, welche Fehler er selbst gemacht hat.

Und so musste man sich dann doch sehr wundern, dass der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen am Samstagabend in der Interviewzone der Arena stand und mit Blick auf die Spieler-Trainer-Konstellation sagte: „Wir sind sowieso nicht auf der Fehlersuche.“

Was? Wenn der Vorstandsvorsitzende die Fehler nicht sucht, wer sucht sie denn dann?

Es kann schon sein, dass Dreesen dieser Satz in der Aufregung rausgerutscht ist, dass er ihn so nicht nochmal sagen würde. Und doch wurde einem an diesem Abend, an dem der Vorstandsvorsitzende Dreesen und auch der Sportdirektor Christoph Freund die Trainer-Entscheidung sehr vorsichtig – man könnte auch sagen: mutlos – kommunizierten, klar, warum Uli Hoeneß nun einen neuen Mann einstellen will, der demnächst in solchen Situationen sprechen dürfte.

An diesem Montag werden Hoeneß und die acht anderen Aufsichtsratsmitglieder der FC Bayern München AG sehr wahrscheinlich einen neuen Sportvorstand ernennen: Max Eberl, 50 Jahre alt, der früher selbst für den FC Bayern spielte, auch wenn es für die erste Mannschaft bloß ein einziges Spiel war. Vom Bayern-Spieler zum Bayern-Boss – das ist der Hoeneß-Weg. Doch die Frage wird sein: Führt er noch dahin, wohin er führen soll?

Es arbeiten mittlerweile auch beim FC Bayern immer mehr Menschen, die glauben, dass man einen modernen Fußballklub, der die Champions League gewinnen will, nicht mehr wie ein Familienbetrieb führen kann und sollte. Doch Uli Hoeneß, so sagte er das gerade erst im Interview, sieht das immer noch anders.

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Und damit steht nun nicht nur für Eberl, der in einen Klub mit einer Identitätskrise kommt, einiges auf dem Spiel, sondern auch für Hoeneß selbst: Denn in der Amtszeit des neuen Sportvorstandes dürfte sich entscheiden, ob man den FC Bayern München noch so führen kann, wie Hoeneß sich das nicht nur wünscht, sondern wie er das auch durchsetzt.

QOSHE - Der FC Bayern auf dem Hoeneß-Weg - Christopher Meltzer
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Der FC Bayern auf dem Hoeneß-Weg

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26.02.2024

Spricht Uli Hoeneß über die Fehlentwicklungen des Fußballs, spricht er über den FC Chelsea. Über den Klub, der seit dem Sommer 2019 schon viermal den Trainer tauschte. Über den Klub, der dem Trainer, den er sich wünscht, dann auch stets die Spieler kauft, die der sich wünscht.

Über den Klub, der in dieser Saison nicht international spielt und der, so wie das momentan aussieht, auch in der nächsten Saison höchstens in der Conference League spielen wird. Über den Klub, der – das kann man also alles in allem so sagen – so ist, wie seiner nie werden soll.

Jetzt, da feststeht, dass der FC Bayern München, der Fußballklub, den Uli Hoeneß formte und formt, in diesem Juli aber auch schon das vierte Mal seit dem Sommer 2019 den Trainer wechseln wird, muss man fast schon frech fragen: Was ist an diesem FC Bayern denn eigentlich so anders als an diesem FC........

© Frankfurter Allgemeine


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