Es gibt gute Gründe, warum die Manager in München im März 2023 glaubten, dass das eine gemeinsame Geschichte werden kann: Der FC Bayern und Thomas Tuchel, der deutsche Weltklub und der deutsche Welttrainer. Doch seit diesem Mittwochmorgen, seit dem nun feststeht, dass das nicht mehr die gemeinsame Geschichte werden wird, die es hätte werden sollen, muss man sich fragen: Warum? Wegen des Trainers? Wegen der Spieler? Oder etwa wegen der Manager, die diese Spieler und diesen Trainer in dieser Konstellation gemeinsam in die Saison geschickt haben?

Am Ende dieser Zusammenarbeit, die keine Ära wurde, kann man kaum feststellen, ob in den elf Monaten aus einem Spielerproblem ein Trainerproblem geworden – oder aus einem Trainerproblem ein Spielerproblem geworden ist. Doch spätestens in der vergangenen Woche, in der die Mannschaft in Leverkusen, in Rom und in Bochum verlor, ließ sich feststellen, dass diese Spieler und dieser Trainer sehr wahrscheinlich keine gemeinsame Lösung finden würden.

Es ist daher konsequent, dass der FC Bayern München am Mittwochmorgen erklärt hat, den Vertrag mit Thomas Tuchel vorzeitig beenden zu werden. Es ist konsequent, dass der Manager Max Eberl, der in der Aufsichtsratssitzung des Klubs am kommenden Montag als neuer Sportvorstand berufen werden soll und danach die Richtlinienkompetenz im Sport haben wird, sich nicht mit diesem Problem auseinandersetzen muss und sich für die nächste Spieler-Trainer-Konstellation eine eigene Lösung aussuchen darf.

Es ist konsequent, dass sie in der Säbener Straße in München (und am Tegernsee, wo Uli Hoeneß wohnt) schon wieder den Reset-Knopf drücken und nun ein weiteres Mal versuchen werden, die Antwort auf die große Frage zu finden: Was für ein Fußballklub will der FC Bayern München in der modernen Fußballwelt eigentlich sein?

Eines aber ist an dieser Entscheidung nicht konsequent: Dass die Bayern die Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel zum Ende der Saison einstellen – und nicht sofort.

In der Mitteilung, die der Klub am Mittwoch veröffentlichte, wird der Vorstandsvorsitzende Jan-Christian Dreesen mit Blick auf die nächsten drei Monate, in denen es um Titel geht, mit diesen Worten wiedergegeben: „Bis dahin ist jeder Einzelne im Club ausdrücklich gefordert, um in der Champions League und in der Bundesliga das maximal Mögliche zu erreichen. Hierbei nehme ich auch explizit die Mannschaft in die Pflicht. Insbesondere in der Champions League sind wir davon überzeugt, dass wir nach dem 0:1 im Hinspiel bei Lazio Rom im Rückspiel in unserer vollbesetzten Allianz Arena mit unseren Fans im Rücken ins Viertelfinale einziehen werden.“

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Es ist verständlich, dass der Vorstandsvorsitzende die Schuld nicht nur beim Trainer, sondern auch bei den Spielern sieht. Und vielleicht verändert sich durch die Verkündung der Entscheidung tatsächlich etwas im Spieler-Trainer-Verhältnis. Vielleicht setzt sie eine Energie frei, die man schon am Samstag (18.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky) im Ligaspiel gegen RB Leipzig und am 5. März (21.00 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Champions League und bei Prime Video) im Champions-League-Spiel gegen Lazio Rom wird sehen können.

Doch wer so argumentiert, der ignoriert, dass der FC Bayern München mit seinem Handeln an diesem Mittwoch seinem Trainer das entzogen hat, was ein Trainer besitzen muss, wenn er Erfolg haben soll: Autorität.

QOSHE - Inkonsequente Entscheidung des FC Bayern - Christopher Meltzer
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Inkonsequente Entscheidung des FC Bayern

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21.02.2024

Es gibt gute Gründe, warum die Manager in München im März 2023 glaubten, dass das eine gemeinsame Geschichte werden kann: Der FC Bayern und Thomas Tuchel, der deutsche Weltklub und der deutsche Welttrainer. Doch seit diesem Mittwochmorgen, seit dem nun feststeht, dass das nicht mehr die gemeinsame Geschichte werden wird, die es hätte werden sollen, muss man sich fragen: Warum? Wegen des Trainers? Wegen der Spieler? Oder etwa wegen der Manager, die diese Spieler und diesen Trainer in dieser Konstellation gemeinsam in die Saison geschickt haben?

Am Ende dieser Zusammenarbeit, die keine Ära wurde, kann man kaum feststellen, ob in den elf Monaten aus einem Spielerproblem ein Trainerproblem geworden – oder aus einem Trainerproblem ein Spielerproblem geworden ist. Doch spätestens in der vergangenen Woche, in der die Mannschaft in Leverkusen, in Rom und in Bochum verlor, ließ sich feststellen, dass diese Spieler und dieser........

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