Fast genau dreißig Jahre sind vergangen, seit der Deutsche Bundestag mit dem Bonn-Berlin-Gesetz dem drei Jahre zuvor gefassten Beschluss Leben einhauchte, Berlin solle die Hauptstadt des wiedervereinten Deutschlands werden.

Die Frist für den Umzug war mit fünf Jahren knapp bemessen. Dennoch zogen Regierung und Parlament genau zehn Jahre nach dem Fall der Mauer vom Rhein an die Spree.

Doch bis auf Leerstand im Botschaftsviertel hatte sich in der nunmehrigen Bundesstadt wenig verändert – und auch dies nicht zu ihrem Schaden. Die rheinischen Lobbyisten im Bundestag und die nordrhein-westfälische Landesregierung hatten sich die Verlagerung des Sitzes von Bundestag, Bundesregierung und dann auch Bundesrat mit dem sprichwörtlichen Gold aufwiegen lassen.

Die Rendite des Verbleibs von gleich sechs ersten Dienstsitzen von Ministerien am Rhein, der Ansiedlung zahlreicher Behörden, internationaler Organisationen und Unternehmen ist so hoch, dass es heute in Bonn und Umgebung mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze gibt als vor 25 Jahren.

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Doch weit gefehlt, wer gedacht hätte, 75 Jahre nach der Gründung der Bundesrepublik sei die Zeit gekommen, den Anachronismus einer auf zwei, mehrere Hundert Kilometer voneinander entfernt liegenden Städten verteilten Exekutive zu beenden. Statt dessen zementiert die Ampel aufs Neue einen Status quo, der wie kaum ein anderer für das Faule an politischen Kompromissen steht.

QOSHE - Anachronistisches Gesetz - Daniel Deckers
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Anachronistisches Gesetz

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13.04.2024

Fast genau dreißig Jahre sind vergangen, seit der Deutsche Bundestag mit dem Bonn-Berlin-Gesetz dem drei Jahre zuvor gefassten Beschluss Leben einhauchte, Berlin solle die Hauptstadt des wiedervereinten Deutschlands werden.

Die Frist für den Umzug war mit fünf Jahren knapp bemessen. Dennoch zogen Regierung und Parlament genau zehn Jahre nach dem Fall der Mauer vom Rhein an die Spree.

Doch bis auf Leerstand im........

© Frankfurter Allgemeine


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